Sokrates. Und gilt das nicht ganz allgemein ? Wenn
einer etwas tut um eines Zweckes willen, so will er doch
wohl nicht das, was er gerade tut, sondern das, um des
willen er es tut?
Pol OS. Ja.
Sokrates. Gibt es nun irgendetwas auf der Welt,
was nicht entweder gut ist oder schlecht oder ein Mittleres
zwischen beiden, das heißt weder gut noch schlecht ?
Polos. Dagegen läßt sich unmöglich etwas einwenden,
mein Sokrates.
Sokrates. Nennst du nun nicht Weisheit, Gesundheit,
Reichtum und alles andere der Art gut, das Gegenteil
davon aber schlecht ?
Polos. Ja.
Sokrates. Als weder gut noch schlecht bezeichnest
du doch wohl solches, was zuweilen am Guten, zuweilen
am Schlechten, zuweilen auch an keinem von beiden teil¬
hat, z. B. sitzen, gehen, laufen, segeln, oder auch Steine,
Holz und anderes dieser Art? Meinst du es nicht so?
Oder verstehst du irgend etwas anderes unter dem, was
weder gut noch schlecht ist ?
Polos. Nein, dieses.
Sokrates. Tut man nun dies Mittlere, wenn man es
tut, des Guten wegen, oder das Gute des Mittleren wegen ?
Polos. Offenbar das Mittlere um des Guten willen.
Sokrates. Also weil wir dem Guten nachtrachten,
gehen wir, wenn wir gehen, überzeugt, daß es zweckmäßig
ist, und umgekehrt bleiben wir auch stehen, wenn wir
stehen bleiben, um des Nämlichen, nämlich des Guten
willen. Oder nicht?
Polos. Ja.
Zweiundsechzigstes Kapitel.
Sokrates. So höre denn, wie ich von vom an die S. 131—134
Untersuchung wiederhole. Ist das Angenehme und das
Gute ein und dasselbe? Nein, wie ich und Kallikles
übereingekommen sind. Muß man aber das Angenehme
um des Guten willen tim, oder das Gute um des Ange¬
nehmen willen ? Das Angenehme um des Guten willen.
Angenehm ist aber doch das, dessen Erscheinen bewirkt,
daß wir uns freuen, gut aber das, dessen Anwesenheit be¬
wirkt, daß wir gut sind? Gewiß. Gut sind aber nun
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