Full text: Ethik

Über das letztere einige Worte. — Auch der sittliche 
Trieb soll mich nicht bestimmen als bloßer und blinder 
Trieb; wenn der Satz nicht schon in sich selbst wider¬ 
sprechend wäre, und es etwas Sittliches, das nur Trieb 
wäre, geben könnte. Wir erhalten nämlich hier das 
schon oben Gesagte wieder, nur viel weiter bestimmt. 
Oben zeigte sich: der Trieb zur Selbständigkeit richtet 
sich an die Intelligenz, als solche; sie soll selbständig 
sein, als Intelligenz; aber eine solche ist selbständig, nur 
inwiefern sie sich durch Begriffe, und schlechthin durch 
keinen Antrieb bestimmt. Der Trieb geht also darauf 
aus, Kausalität zu haben, und auch keine zu haben; und 
er hat Kausalität lediglich dadurch, daß er keine hat; 
denn er fordert: sei frei. Ist er Antrieb, so ist er ledig¬ 
lich Naturtrieb; als sittlicher Trieb kann er es nicht sein; 
denn es widerspricht der Moralität und ist unsittlich, 
sich blind treiben zu lassen. (Z. B. die Triebe der Sym¬ 
pathie, des Mitleids, der Menschenliebe. Es wird zu 
seiner Zeit sich zeigen, daß diese Triebe Äußerung des 
sittlichen Triebs sind, jedoch vermischt mit dem Natur¬ 
triebe, wie denn der sittliche Trieb stets gemischt ist. 
Aber wer zufolge dieser Triebe handelt, handelt zwar 
legal, aber schlechthin nicht moralisch, sondern inso¬ 
fern gegen die Moral.) 
Hier erst entsteht ein kategorischer Imperativ; als 
welcher ein Begriff sein soll, und kein Trieb. Nämlich 
der Trieb ist nicht der kategorische Imperativ, sondern 
er treibt uns, uns selbst einen zu bilden; uns zu sagen, 
daß irgend etwas schlechthin geschehen solle. Er ist 
unser eignes Produkt; unser, inwiefern wir der Begriffe 
fähige Wesen oder Intelligenzen sind. 
Dadurch wird nun das vernünftige Wesen, der Form 
nach, in der Willensbestimmung, ganz losgerissen von 
allem, was es nicht selbst ist. Die Materie bestimmt es 
nicht, und es selbst bestimmt sich nicht durch den Be¬ 
griff eines materialen, sondern durch den lediglich for¬ 
malen und in ihm selbst erzeugten Begriff des absoluten 
Sollens. Und auf diese Weise erhalten wir denn in der 
Wirklichkeit das vernünftige Wesen wieder, wie wir es 
ursprünglich auf stellten, als absolut selbständig: wie 
denn alles Ursprüngliche, nur mit Zusätzen und weiteren 
Bestimmungen, sich in der Wirklichkeit wieder dar¬ 
stellen muß. — Nur die Handlung aus Pflicht ist eine 
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