Full text: Ethik

gestimmt sein könnte. Ich würde daher, — was ich bloß 
im Vorbeigehen und zur Erläuterung hinzufüge, — den 
Grundsatz der Sittenlehre in folgender Formel aus- 
drücken: Handle so, daß du die Maxime deines Willens 
als ewiges Gesetz für dich denken könnest. — 
Die letzte Bestimmung aller endlichen vernünftigen 
Wesen ist demnach absolute Einigkeit, stete Identität, 
völlige Übereinstimmung mit sich selbst. Diese absolute 
Identität ist die Form des reinen Ich und die einzige 
wahre Form desselben; oder vielmehr: an der Penkbar- 
keit der Identität wird der Ausdruck jener Form er¬ 
kannt. Welche Bestimmung aber ewig dauernd gedacht 
werden kann, dieselbe ist der reinen Form des Ich ge¬ 
mäß. — Man verstehe dieses nicht halb, und nicht ein¬ 
seitig. Nicht etwa bloß der Wille soll stets einig mit sich 
selbst sein, — von diesem ist nur in der Sittenlehre die 
Rede — sondern alle Kräfte des Menschen, welche an 
sich nur Eine Kraft sind, und bloß in ihrer Anwendung 
auf verschiedne Gegenstände unterschieden werden — 
sie alle sollen zu vollkommener Identität übereinstimmen, 
und unter sich zusammenstimmen. 
Nun aber hängen die empirischen Bestimmungen 
unsers Ich, wenigstens ihrem größten Teil nach, nicht 
von uns selbst, sondern von etwas außer uns ab. Zwar 
ist der Wille in seinem Kreise, d. i. in dem Umfange der 
Gegenstände, auf welche er sich beziehen kann, nachdem 
sie dem Menschen bekannt worden, absolut frei, wie zu 
seiner Zeit streng wird erwiesen werden. Aber das Ge¬ 
fühl und die dasselbe voraussetzende Vorstellung ist nicht 
frei, sondern hängt von den Dingen außer dem Ich ab, 
deren Charakter gar nicht Identität, sondern Mannig¬ 
faltigkeit ist. Soll nun dennoch das Ich auch in dieser 
Rücksicht stets einig mit sich selbst sein, so muß es un¬ 
mittelbar auf die Dinge selbst, von denen das Gefühl und 
die Vorstellung des Menschen abhängig ist, zu wirken 
streben; der Mensch muß suchen, dieselben zu modifi¬ 
zieren, und sie selbst.zur Übereinstimmung mit der reinen 
Form seines Ich zu bringen, damit nun auch die Vor¬ 
stellung von ihnen, insofern sie von ihrer Beschaffenheit 
abhängt, mit jener Form übereinstimme. — Diese Modi¬ 
fikation der Dinge nun, wie sie nach unsern notwendigen 
Begriffen von ihnen sein sollen, ist nicht durch den bloßen 
Willen möglich, sondern es bedarf dazu auch einer ge- 
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