tern, haben aber demungeachtet keinen inneren unbe¬
dingten Wert, sondern setzen immer noch einen guten
Willen voraus, der die Hochschätzung, die man übrigens
mit Recht für sie trägt, einschränkt und es nicht erlaubt,
sie für schlechthin gut zu halten. Mäßigung in Affekten
und Leidenschaften, Selbstbeherrschung und nüchterne
Überlegung sind nicht allein in vielerlei Absicht gut,
sondern scheinen sogar einen Teil vom inneren Werte
der Person auszumachen; allein es fehlt viel daran, um
sie ohne Einschränkung für gut zu erklären (so unbe¬
dingt sie auch von den Alten gepriesen worden). Denn
ohne Grundsätze eines guten Willens können sie höchst
böse werden, und das kalte Blut eines Bösewichts macht
ihn nicht allein weit gefährlicher, sondern auch unmittel¬
bar in unseren Augen noch verabscheuungswürdiger, als
er ohne dieses dafür würde gehalten werden.
Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder
ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zu Erreichung
irgend eines Vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch
das Wollen, d. i. an sich gut und, für sich selbst be¬
trachtet, ohne Vergleich weit höher zu schätzen als alles,
was durch ihn zu Gunsten irgend einer Neigung, ja wenn
man will der Summe aller Neigungen, nur immer zu
stände gebracht werden könnte. Wenngleich durch eine
besondere Ungunst des Schicksals, oder durch kärgliche
Ausstattung einer stiefmütterlichen Natur es diesem
Willen gänzlich an Vermögen fehlte, seine Absicht durch¬
zusetzen; wenn bei seiner größten Bestrebung dennoch
nichts von ihm ausgerichtet würde, und nur der gute
Wille (freilich nicht etwa als ein bloßer Wunsch, sondern
als die Aufbietung aller Mittel, soweit sie in unserer Ge¬
walt sind) übrig bliebe: so würde er wie ein Juwel doch
für sich selbst glänzen als etwas, das seinen vollen Wert
in sich selbst hat. Die Nützlichkeit oder Fruchtlosigkeit
kann diesem Werte weder etwas zusetzen noch abnehmen.
Sie würde gleichsam nur die Einfassung sein, um ihn im
gemeinen Verkehr besser handhaben zu können, oder die
Aufmerksamkeit derer, die noch nicht genug Kenner
sind, auf sich zu ziehen, nicht aber um ihn Kennern zu
empfehlen und seinen Wert zu bestimmen.
Es liegt gleichwohl in dieser Idee von dem absoluten
Werte des bloßen Willens, ohne einigen Nutzen bei
Schätzung desselben in Anschlag zu bringen, etwas so
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