Full text: Zur Lehre vom Gemüt

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Zur Lehre vom Gemüt. 
die Körperempfindung sein. Eben weil dieses Gegenständ¬ 
liche in seiner Besonderheit oft dasselbe oder doch annähernd 
dasselbe ist in einem „Gefühl“ und einer „Stimmung“, nur daß 
es dort das begleitende, hier aber das maßgebende Gegen¬ 
ständliche ist, so können wir verstehen, daß einer Stimmung 
dieselbe Benennung zugelegt wird, die ein „Gefühl“, freilich im 
Besonderen nur wegen seines maßgebenden Gegenständlichen, 
erhalten hat. Denn wen wird es Wunder nehmen, daß ein 
Gegenständliches (hier die Körperempfindung) in seinem wieder¬ 
holten Auftreten (hier in der Stimmung) nach dem Gesetze 
des Yorstellens die veranlassende Bedingung ist für die Vor¬ 
stellung dessen, was früher mit ihm (hier im „Gefühl“) in 
Einheit gegeben war, und daß dann diese Vorstellung es 
macht, daß die betreffende Stimmung dieselbe Benennung be¬ 
kommt, wie jenes „Gefühl“, mit dem sie doch eigentlich nur 
in der Körperempfindung und etwa auch im Zuständiichen 
gleich ist. 
Mit dem „Gefühl“ überhaupt hat aber auch die Stimmung 
das gemein, daß die Seele ebensowenig zwei Stimmungen, wie 
zwei „Gefühle“ aufweist. Für uns ist diese Tatsache schon 
daraus klar, daß die Seele niemals zweierlei Zuständliches, sei 
es völlig gesondert, sei es in einer „Gefühlsmischung“ (s. S. 25f.) 
oder in einem „gemischten Gefühl“ (s. S. 29f.) als ihre Be¬ 
stimmtheitsbesonderheit in einem und demselben Augenblick 
bietet. 
Aber auch eine Stimmung und ein „Gefühl“ finden sich 
niemals zugleich in demselben Seelenaugenblick, was uns 
wiederum ohne Schwierigkeit klar ist, wenn wir überlegen, 
worin sich Stimmung und „Gefühl“ unter allen Umständen un¬ 
mittelbar für das Bewußtsein, dem sie eigen sind, unter¬ 
scheiden; in der Stimmung tritt kein Gegenständliches vor dem 
übrigen für dieses Bewußtsein als mit dem Zuständiichen 
dieses Augenblickes ganz besonders verbunden hervor, während 
im „Gefühl“ eben dieses grade der Fall ist. Es wird aber schlecht¬ 
hin unmöglich sein, daß die Seele einen Augenblick aufzuweisen 
habe, der sowohl alles Gegenständliche in gleicher oder, was 
dasselbe sagt, in keiner Aufmerksamkeitsstellung, und 
zugleich doch wenigstens eines in dieser Stellung böte.
	        
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