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Zur Lehre vom Gemüt.
Was nun noch im besonderen die Begründung der Un¬
klarheit, die der Stimmung immer anklebt, angeht, so können
wir in dieser uns nicht mit dem, was Nahlowsky als Grund
aufstellt, begnügen. Zwar darüber besteht, wie wir wenigstens
annehmen, kein Streit, daß nur das Gegenständliche den
Grund bilden könne, aber während Nahlowsky den Grund der
Unklarheit in dem „übrigen“ Gegenständlichen der Stimmung
sucht, das ja allerdings, weil es nicht im Blickpunkt des Be¬
wußtseins steht, sicherlich Unklarheit zeigen wird, halten wTir
dafür, daß das „maßgebende“ Gegenständliche der Stimmung,
also die Körperempfindung (Nahlowsky sagt „Vitalempfin¬
dung“) nicht minder auch Grund dafür ist, daß der Stimmung
stets Unklarheit anhaftet; ist doch diese Körperempfindung
immer ein „unklares“ Gegenständliches. Nur daraus, daß
alles in der Stimmung sich findende Gegenständliche des Be¬
wußtseins „unklar“ ist, erklärt es sich erst völlig, daß der
Stimmung schlechtweg Unklarheit anhaftet und sie, wie man
zu sagen pflegt, „unbeschreiblich“ ist. Denn wäre nur das übrige
Gegenständliche „unklar“, die Körperempfindung, dieses „ma߬
gebende“ Gegenständliche der Stimmung, aber „klar“, so würde
sicherlich nicht gesagt werden, daß die Stimmung „unklar“ sei.
Also die unklare Körperempfindung als „maßgebendes“
Gegenständliches gehört notwendig mit zu der Bestimmtheits¬
besonderheit der Seele, die wir als Stimmung von „Gefühl“
überhaupt unterscheiden, und aus der Überlegung, daß das
maßgebende Gegenständliche doch auch in dieser Hinsicht für
das Ganze des Zusammens von Zuständlichem und Gegenständ¬
lichem von hervorragender Bedeutung sein muß, möchte sogar
hervorgehen, daß die Stimmung die ihr stets anhaftende Unklar¬
heit nicht nur auch, sondern in erster Linie der als „ma߬
gebendes“ Gegenständliches in der Stimmung auftretenden
unklaren Körperempfindung verdanke. Daß dieses aber
somit für die Unklarheit der Stimmung ebenso, wie für
deren Zuständliches, maßgebende Gegenständliche, gerade
Sinn, es meint nicht die „Klarheit“ der Wahrnehmungen, Vorstellungen
und Gedanken, sondern die „ruhig-heitere“ Stimmung, was sich sehr wohl
mit dem „unklaren“ Gegenständlichen derselben Stimmung verträgt.