Zur Lehre vom Gfemüt.
79
enthalten ist; bisweilen, aber doch mir ausnahmsweise,
tritt wohl auch aus dem dunklen Hintergründe der Stimmung
allmählich das oder jenes Sondergefühl hervor und gibt dann
derselben ein bestimmtes Relief und einen ausgesprochenen
Charakter, bald von sanfter Melancholie oder unruhiger, mehr
affektvoller Schwermut, bald von gleichgewogener Heiterkeit
oder von schwunghafter Beseligung“. Wir müssen gestehen,
daß diese Worte uns nicht klüger aus dem Rathause heraus¬
gehen lassen, als wir hineingegangen sind. Wir verstehen
nicht, was unter Stimmung überhaupt gemeint sein könne,
wenn z. B. Melancholie und Heiterkeit „Charaktere einer
Stimmung“ sein sollen, die ihr erst durch ein „Sonder¬
gefühl“, das mitläuft, aufgedrückt werden. Erstens ist
uns unmöglich zu begreifen und mit irgend einer Tatsache
aus unserem Bewmßtseinsleben zu belegen, daß in einem und
demselben Augenblick eine Stimmung und ein „Gefühl“ zu¬
sammen sich fänden, was doch Nahlowsky behauptet;
zweitens aber, wenn wir auch dieses zugeben wollten, könnten
wir uns nicht klar machen, wras das sein sollte, das als so¬
genannte „Stimmung“ doch immerhin schon bestehen soll, auch
wenn das „Sondergefühl“, das unsre „Stimmung“ angeblich erst
zu einer melancholischen oder heiteren stempelt, nicht da ist.
Denn die „Charakterisierung“ der Stimmung als Heiterkeit und
als Melancholie usf. soll, wie Nahlowsky ausdrücklich betont, nur
„ausnahmsweise“ sich finden. Nahlowsky und mit ihm Andere
mögen vielleicht antworten, das sei „unsagbar!“ Auch wir
sind dieser Ansicht, aber nicht aus denselben Gründen, wie
jene, sondern aus dem Grunde, weil „Stimmung ohne Charak¬
terisierung“ nichts ist, und Nichts ist selbstverständlich immer
„unsagbar“! Jeder kennt die „heitere“ Stimmung: man nehme
nun einmal die „Heiterkeit“ weg, die ja nach Nahlowsky der
Stimmung als ihr Charakter erst nachher, indem „aus dem
dunklen Hintergründe der Stimmung ein gewisses Sonder¬
gefühl hervortritt“, aufgedrückt wird, was bleibt dann noch
übrig von dem, das man „heitere“ Stimmung nennt, was ist
mit anderen Worten dieser „dunkle Hintergrund“, den man
„Stimmung“ genannt wissen will? Es bleibt uns, wenn die
„Heiterkeit“ gestrichen ist, nichts mehr von der ganzen