Zur Lehre vom Gemüt.
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Bedenken erregen, eben dieselbe Einteilung nach dem Ein¬
teilungsgrund eines Zusammens, das nur aus Lust oder Un¬
lust und „begleitendem“ Gegenständlichen bestände, gewinnen
zu wollen. Könnte sie sich tatsächlich doch nur auf das be¬
gleitende Gegenständliche und nicht auch auf das Zuständliche
(Lust oder Unlust) mit gründen, da wir sowohl „ästhetische“
Lust als auch „ästhetische“ Unlust, sowohl „intellektuelle“
Lust als auch „intellektuelle“ Unlust usf. kennen. Ob nun
die „begleitenden“ Körperempiindungen in der Tat bei den
sogenannten ästhetischen, intellektuellen usf. Gefühlen und für
jede dieser Gruppen derartig besondere sind, daß sie für sich
allein schon als kennzeichnendes Merkmal einer jeden besonderen
Gruppe dienen können, läßt sich freilich noch nicht von vorn¬
herein verneinen. Aber die Untersuchung der verschiedenen
„Gefühle“, die auch schon nach ihrem „maßgebenden“ Gegen¬
ständlichen eingeteilt in den Gruppen der ästhetischen, der
intellektuellen usf. „Gefühle“ auftreten, belehrt uns bald, daß
hier ebensowenig, wie von einem kennzeichnenden besonderen
Gefühle, von einem kennzeichnenden „begleitenden“ Gegen¬
ständlichen für jede der verschiedenen Gruppen dieser „Ge¬
fühle“ mit Grund die Rede sein könne. Die „begleitenden“
Körperempflndungen erweisen sich vielmehr in den „Gefühlen“
der verschiedenen Gruppen vielfach nicht nur ähnlich, sondern
sogar völlig als dieselben, so daß es deshalb schon hinfällig
wird, sie als Einteilungsgrund benutzen zu können, um durch
sie jene Einteilungsglieder des „Gefühls“, ästhetisches, intellek¬
tuelles „Gefühl“ usf., zu erzielen.
Die Tatsache, daß moralische „Gefühle“ religiöse „Gefühle“
hervorrufen, die Tatsache ferner, daß ästhetische „Gefühle“
religiöse, sowie auch moralische „Gefühle“ wecken — worin
anders ist sie begründet, als darin, daß zu diesen verschiede¬
nen „Gefühlen“ gleiche „begleitende“ Körperempfindungen ge¬
hören. Dies tritt z. B. zutage, wenn eine bestimmte Musik
ein bestimmtes „ästhetisches Gefühl“ hervorruft und die „be¬
gleitende“ Körperempfindung dieses „Gefühls“ dann die ver¬
anlassende Bedingung für das Auftreten einer religiösen Vor¬
stellung wird, die früher mit der gleichen „begleitenden“
Körperempfindung in einem religiösen „Gefühl“ zusammen ge¬