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Zur Lehre vom Gemüt.
nehmung und Vorstellung zusammen besteht, z. B.
ästhetische Freude, Trauer am Totenbett; 3. „Gefühl“, in dem
das maßgebende Gegenständliche nur Vorstellung ist,
z. B. Hoffnung, Heue. Mit dieser psychologischen Einteilung
der „Gefühle“ nach dem maßgebenden gegenständlichen Mo¬
mente berührt sich die hergebrachte Gliederung des „Gefühls“
in „sinnliches und seelisches Gefühl“, vorausgesetzt näm¬
lich, daß unter dem ersten ein „Gefühl“, das nur Wahr¬
nehmung, unter dem zweiten ein „Gefühl“, das nur Vor¬
stellung zum maßgebenden Gegenständlichen hat, verstanden
wird. Immerhin müßten wir aber doch auch hier noch die
Aufnahme des Titels „sinnlich-seelisches Gefühl“ zur Be¬
zeichnung des tatsächlichen dritten Gliedes der Einteilung
fordern.
Wer, wie Nahlowsky und Ziegler, nur die beiden
Glieder, sinnliches „Gefühl“ und seelisches „Gefühl“, kennen
will, und dann seelisches „Gefühl“ wiederum einteilt in ästhe¬
tisches, intellektuelles, moralisches und religiöses, wird durch
die Tatsachen des Bewußtseins doch unschwer belehrt werden
können, daß er sich auf dem Irrwege befinde. Denn z. B. von
dem sogenannten ästhetischen und religiösen „Gefühl“ ist es
unseres Erachtens gar leicht einzusehen, daß hier in vielen
Fällen sogar zu dem maßgebenden Gegenständlichen zweifel¬
los „Sinnliches“ mitgehört: die Freude an der Musik und die
Andacht vor dem Muttergottesbilde zeigen genugsam, daß hier
das „Gefühl“, wenn wir es nach seinem maßgebenden Gegen¬
ständlichen bezeichnen sollen, zweifellos ein „sinnlich-seeli¬
sches“ und nicht allein ein „seelisches“, ist. Damit fällt die
Einteilung in „ästhetische, religiöse usf.“ als eine, die bloß
„seelische Gefühle“ beträfe, in sich zusammen; soll sie als Ein¬
teilung bestehen bleiben, so kann sie nur als eine besondere
des „Gefühls“ überhaupt angesehen werden, in der das
„maßgebende“ Gegenständliche unter dem Gesichtspunkte
betrachtet wird, wie sich das Bewußtsein als „anschauendes“
oder als erkennendes oder als wollendes und wünschendes
Wesen hier verhält. Wir wollen Niemand diese Einteilung
verreden, da sie immerhin für einen bestimmten Zweck dien¬
lich sein kann, aber betonen müssen wir, daß sie nur dann