Full text: Zur Lehre vom Gemüt

Zur Lehre vom Gemüt. 
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bieten uns demgemäß unerschrocken das Schauspiel von „Vor¬ 
stellungen“, die steigen und fallen, von „Empfindungen“ die 
verschmelzen und auseinandergehen, von „Gefühlen“, die zu¬ 
nehmen und abnehmen u. a. m.: was alles doch eben nur ein 
Einzelwesen erfahren kann. 
Mit der Phantasie von Einzelwesen „Empfindung“, „Vor¬ 
stellung“ und „Gefühl“ haben es sich beide Gruppen von 
Psychologen genügen lassen, mit dieser Phantasie aber muß 
es ein Ende haben, damit wir den Tatsachen des Seelenlebens 
völlig gerecht werden. Dieser Phantasie dankt auch die in die Irre 
gehende Behauptung ihr Dasein, daß die „Empfindungen“ und 
die „Gefühle“ das Elementare oder die Elemente des Seelischen 
seien. Dieser Phantasie ist die heute in der Psychologie 
sehr verbreitete Atomistik ins Schuldbuch zu schreiben, 
die, wenn sie dem Worte „Seele“ noch einen Sinn zulegen will, 
wie das Ding aus den Atomen, so die Seele aus den „Em¬ 
pfindungen“, „Vorstellungen“ und „Gefühlen“ als vermeintlichen 
seelischen Einzelwesen entstehen und bestehen läßt. 
Die Phantasie von „Empfindungen“, „Vorstellungen“ 
und „Gefühlen“ als angeblichen „elementaren“ seelischen Einzel¬ 
wesen oder „Elementen der Seele“ muß sich aber sofort ver¬ 
ziehen, wenn man sich klar gemacht hat, daß „Empfindung“ 
und „Empfundenes“, „Gefühl“ und „Gefühltes“, „Vorstellung“ 
und „Vorgestelltes“ ein und dasselbe, also nicht Zweierlei 
sind. Wer dieses klar begriffen hat, der erkennt auch, daß 
die Worte „Empfindung“, „Gefühl“ und „Vorstellung“ keinen 
Sinn haben, wenn nicht ein Einzelwesen, das „empfindet“, 
„fühlt“ und „vorstellt“, vorausgesetzt wird, und daß „Em¬ 
pfindung“, „Gefühl“ und „V orstellung“ nichtGattungsbegriffe 
von Gegebenem sind — wie die subjektlose Psychologie, die 
„Psychologie ohne Seele“, meint —, sondern Beziehungs¬ 
begriffe darstellen, durch die eben Gegebenes in seiner Be¬ 
ziehung zu einem empfindenden, fühlenden und vorstellenden
	        
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