50
Zur Lehre vom Gemüt.
man wohl geneigt sein, anzunehmen, aber es selber soll keines¬
wegs etwa die „Färbung“ des Gefühls bedeuten. Um diese zu
finden, hätten wir also an dem bestimmten Zahnschmerz und
der bestimmten Reue zunächst das für das Zuständliche von
beiden „maßgebende“ Gegenständliche von dem Übrigen, das
sie sonst noch bietet, in der Betrachtung genau zu sondern
und auszuscheiden, auf das Übrige aber dann den Blick ein¬
zustellen, denn nur in diesem könnte jene „qualitative“ Be-
sonderung, die angebliche „Färbung des Gefühls“, wenn so
etwas tatsächlich besteht, gefunden werden.
Es kann nun nicht bestritten werden, wenn wir das,
was wir einen Zahnschmerz und was wir eine Reue nennen,
zergliedern und zunächst das maßgebende Gegenständliche
der Unlust in beiden Fällen ausgeschieden haben, von dem
man gemeiniglich dafür hält, daß es das die Unlust ganz
allein bedingende Gegenständliche dieses Seelenaugenblickes
sei, dann aber auch zweitens das nach Art und Grad gleiche
Zuständliche beider Fälle ausscheiden, daß damit noch keines¬
wegs Alles, was wir hergebrachterweise das „Gefühl“ des
Zahnschmerzes und das „Gefühl“ der Reue nennen, heraus¬
gestellt, somit diese Gefühle völlig beschrieben seien. Die starke
Unlust in beiden Fällen im Verein dort mit einem Gegen¬
ständlichen, das wir als Pochen oder Stechen usf. bezeichnen,
hier mit einem Gegenständlichen, das vielleicht der Gedanke
schwerer Pflichtvergessenheit ist, — das Zusammen von
jenem Zustäm1 liehen (starke Unlust) und diesem Gegenständ¬
lichen deckt sich noch nicht völlig mit dem, was wir das
„Gefühl“ des Zahnschmerzes und das der Reue zu nennen
pflegen; es fehlt in der Beschreibung noch etwas und zwar,
wie wir schon spüren, noch etwas besonders Kennzeichnendes.
Dieses ist es eben, dem man mit den Worten „Färbung“ und
„qualitative Besonderung“ des Gefühls, Ausdruck zu
geben sucht, indem man dafür hält, daß dieser Rest dem Zu-
ständlichen selbst, also in unseren beiden Fällen hier der Unlust
in jenem Zusammen von Zuständlichem und Gegenständlichem
zugehöre. So verfällt man denn darauf, jenes das einzelne
Zusammen noch besonders Kennzeichnende, den fraglichen Rest
bei der Zergliederung solchen Zusammens dem Gefühl d. i.