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Zur Lehre vom Gemüt,
ständnis dessen, was „Gefühl“, was „Lust und Unlust“ sei.
Diese notwendige Voraussetzung für die Möglichkeit von Ge¬
fühl überhaupt können wir die „allgemeine“ Bedingung
nennen, indem wir dann unter der „besonderen“ Bedingung
des Gefühls das Gegenständliche des Bewußtseinsaugenblickes
verstehen, das den Grund dafür bildet, daß das jedesmalige
Gefühl gerade das besondere, gerade diese besondere Lust oder
Unlust ist.
Wir haben früher darauf hingewiesen, daß die eigent¬
liche wirkende Bedingung für das, was wir unsere Lust oder
Unlust im Seelenleben nennen und das wir unter dem gemein¬
samen Beziehungsbegriff „Gefühl“ zusammenfassen können,
das Gehirn liefere. Dies ergibt sich schon daraus, daß die
menschliche Seele ein mit einem Leibe in steter Wirkensein¬
heit verknüpftes einfaches Einzelwesen ist, dessen Verände¬
rungen daher samt und sonders durch den Leib bedingt sind
oder, genauer ausgedrückt, in dem Gehirnzustande ihre
wirkende Bedingung haben. Dies gilt für alle Verände¬
rung der Seele, also für das gesamte Geschehen, das dieses
Einzelwesen in sich aufzuweisen hat, darum insbesondere
auch für die Veränderungen des zuständlichen Bewußtseins
d, i. für das Eintreten des jedesmaligen besonderen Gefühls
nicht minder als für die Veränderungen des gegenständlichen
Bewußtseins d. i. für das Eintreten der jedesmaligen Wahr¬
nehmung-Vorstellung. Wollen wir uns daher nach der beson¬
deren Bedingung für das Gefühl des einzelnen Seelenaugen¬
blickes umsehen, so haben wir das Gehirn des menschlichen
Leibes ins Auge zu fassen. Das stete Zusammeneintreten des
Zuständlichen und Gegenständlichen im Seelenaugenblicke
drängt uns nun die Annahme auf, daß derselbe Gehirnzustand,
der die besondere Bedingung des Gegenständlichen bildet,
auch die besondere Bedingung für das Zuständliche ist. Um
aber die besondere Bedingung für das Zuständliche eines
Seelenaugenbiickes festzustellen, bedürfte es dann der Zu¬
sammenstellung der verschiedenen zugleich gegebenen Hirn¬
zustände, die für das verschiedene zugleich gegebene Gegen¬
ständliche des Seelenaugenbiicks, ein jeder für ein besonderes
dieses Gegenständlichen, die wirkende Bedingung ausmachen.