Full text: Zur Lehre vom Gemüt

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Zur Lehre vom Gemüt. 
Gesamtheit das mit ihm zugleich auftretende eine Gefühl 
des Festdiners „bedingt“; keineswegs bedarf es zur Erklärung 
dieses Gefühls noch jener fabelhaften Mittelwesen, der so¬ 
genannten „Gefühlstöne“, die doch in unserer Erfahrung nicht 
aufzutreiben und überhaupt als die in einem Gefühl befind¬ 
liche Mehrzahl von Gefühlen gar nicht zu fassen sind. 
Die wissenschaftliche Forschung muß auf alle Fälle ab¬ 
weisen, daß Hypothesen gemacht und gestellt werden, derer 
man als Erkiärungsmittels vollständig entraten kann, und eine 
Hypothese wird überdies um so verdächtiger, je mehr sie 
selber sich auf bloße Wörter gestellt sieht. Gerade dies 
letzte möchte ich den Verfechtern eines aus „Gefühlstönen“ 
angeblich bestehenden Gefühls, dem sie darum den Namen 
„Gefühlsmischung“ geben, zur Beachtung ans Herz legen, 
denn ich bin dessen gewiß, daß sie bei ihrer Behauptung gar 
nicht verschiedene einzelne Gefühle in dem einen Gefühl, das 
sie vor sich haben, sondern vielmehr nur das verschiedene 
einzelne Gegenständliche, das eben in seiner Gesamtheit die 
besondere Bedingung des einen Gefühls, das nach ihrem Vor¬ 
gehen trotzdem Gefühlsmischung sein soll, vorstellen. 
Anstatt jedem Gegenständlichen einen „Gefühlston“ als 
unnütze Schelle anzuhängen, wollen wir vielmehr, und zwar 
dies mit unseren Gegnern betonen, daß das eine Gefühl eines 
Bewußtseinsaugenblicks immer von dem gesamten verschie¬ 
denen Gegenständlichen desselben Augenblicks „bedingt“ sei, 
indem wir zugleich besonders betonen, daß trotz solchen 
mannigfaltigen Bedingtseins das Gefühl selbst nicht nur 
eines, sondern auch einfaches ist, also nicht etwa aus ver¬ 
schiedenen „Elementargefühlen“ zusammengesetzt ist. 
Wenn die Verfechter der „Gefühlstöne“ die Gefühle nun 
ferner in „Gefühlsmischung“ und „gemischtes Gefühl“ 
einteilen und den Unterschied zwischen diesen angeblichen 
Gefühlsgruppen darin sehen, daß bei der „Gefühlsmischung“ 
je nach der auf das Gegenständliche gerichteten Aufmerk¬ 
samkeit die verschiedenen besonderen „Gefühlstöne“ ein jeder 
für sich völlig gesondert herausgehoben werden können, während 
dies nur „bis zu einem gewissen Grade“ bei dem „gemischten 
Gefühl“ möglich sei: so liegt dieser Unterscheidung wiederum
	        
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