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Zur Lehre vom Gemüt.
fallen zu lassen, und somit jedes besondere Gegenständliche
des Bewußtseins mit je einem besonderen „Gefühlston“ aus¬
gerüstet, sowie an ein und dasselbe Gegenständliche immer
ein und denselben „Gefühlston gebunden sein“ zu lassen.
Denn es ist nicht erfindlich, warum das eine Gegenständliche
des Bewußtseins mit „Gefühlston“, das andere aber ohne „Ge¬
fühlston“ gegeben sein sollte, zumal wenn, wie Lehmann
hervorliebt (s. a. a. 0. S. 145f.), die Vorstellung und ihre Ge¬
fühlsbetonung von einem und demselben physiologischen
Vorgänge (einer Bewegung im Zentralorgan} herrühren. Denn
es würde doch gar nicht zu verstehen sein, wrenn ein be¬
sonderes Gegenständliches, da dieses und die besondere „Go-
fühlsbetonung“ doch auf einem und demselben physiologischen
Prozeß beruhen sollen, nicht auch stets ein und dieselbe
„Gefühlsbetonung“ mit sich führen sollte.
Die Verselbständigung der Empfindungen, Wahrnehmungen,
Vorstellungen durch ihre Umdichtung aus besonderem All¬
gemeinen, das sie als Bestimratheitsbesonderheiten der Seele
sind, in besondere Einzelwesen, wie sie es seitens jener Psy¬
chologen erfahren, läßt in der Tat nur die eine folgerichtige
Auffassung zu, daß an jedes besondere Gegenständliche des
Bewußtseins ein besonderes Gefühl „gebunden“ sein müsse.
Man konnte, um sich auf das Gefühl in dieser Hinsicht einen
Keim zu machen, schlechterdings nicht anders, als „Gefühl“
nicht nur für ein ebenso Ursprüngliches, wie „Empfin¬
dung“ usf. auszugeben, sondern auch mit jeder besonderen
Empfindung ein besonderes Gefühl verbunden zu denken, und
so ist es, wie wir rühmend hervorheben können, durchaus
richtig entwickelt, wenn Lehmann durch denselben besonderen
physiologischen Vorgang, der die besondere Empfindung
oder die besondere Vorstellung begründet, auch ein besonderes
Gefühl unter dem Namen eines „Gefühlstones“ dieser Emp¬
findung oder dieser Vorstellung mit gewirkt sein läßt.
Wer aber mit uns in der Psychologie von dem Bewußt¬
seinswesen „Seele“ ausgeht, wreil er auch die allerelementarste
„Bewußtseinserscheinung“, die man von jenen Psychologen
wohl als Elementarempfindung bezeichnet findet, in ihrem Ge¬
gebensein nicht anders, denn als Bestimmtheitsbesonder¬