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Zur Lehre vom Gemüt.
fühlenden Einzelwesen aus, daß also jenes Gegebene ein „Ge¬
fühl“ oder, anders ansgedrückt, eine Besonderheit jener
Bestimmtheit sei, die wir „fühlen“ oder auch „znständliche
Bestimmtheit des seelischen Einzelwesens“ nennen. Also als
Bestimmtheitsbesonderheit des zuständlichen Bewußtseins1)
heißt das uns Allen vertraute Gegebene, Lust und Unlust,
ein „Gefühl“, und wir bestimmen dieses Gegebene als „Ge¬
fühl“, indem wir es eben in seiner Beziehung zu einem
fühlenden Einzelwesen, dem es als seine Bestimmtheits¬
besonderheit zugehört, begreifen.
Ebenso, wie das Wort „Gefühl“, ist auch Wahrnehmung,
Vorstellung, Empfindung, Gedanke u. a. m. nicht Ausdruck
eines Gattungsbegriffes, sondern vielmehr eines Beziehungs¬
begriffes. Wir sprechen z. B. von rund und rot als Wahr¬
nehmung oder Empfindung. Das Gegebene „rund“ und das
Gegebene „rot“ haben diese gemeinsame Bestimmung (Wahr¬
nehmung oder Empfindung) mit vollem Grund bekommen,
aber diese Bestimmung bedeutet nicht ein gemeinsames All¬
gemeines als Gattungsbegriff jenes verschiedenen Gegebenen
„rund“ und „rot“, da hier ebenso, wie bei dem Gegebenen
„Lust“ und „Unlust“, ohne Weiteres ersichtlich ist, daß von
solchem gemeinsamen Allgemeinen nicht die Rede sein kann,
als ob etwa „rund“ und „rot“ als Gegebenes schlechtweg
sich nur durch ihre Besonderheit unterschieden, in ihrem
Allgemeinen aber gleich wären.
Nennen wir daher das Gegebene „rund“ und das Ge¬
gebene „rot“ gleicherweise eine „Wahrnehmung“ oder eine
„Empfindung“, so steht von vornherein fest, daß diese beiden
Worte hier nicht einen Gattungsbegriff bedeuten können.
Wir werden aber auch diesen Worten als Bestimmungs¬
worten für „rund“ und „rot“ nur einen Sinn gewinnen, indem
sie einen Beziehungsbegriff zum Ausdruck bringen und
somit das Gegebene „rund“ und „rot“ als Bestimmtheits¬
besonderheit eines wahrnehmenden oder empfindenden Einzel¬
wesens feststellen, oder, mit anderen Worten, jenes Gegebene,
!) Siehe Eehmke, Lehrbuch der allgemeinen Psychologie, 2, Auf¬
lage, § 33.