STREIFLICHTER
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Man versteht heute nicht mehr zu lesen. Diese
große Kunst noch der Goethezeit ist ausgestor¬
ben . M an überfliegt Gedrucktesten M asse“, und
in der Regel demoralisiert der Leser das Buch.
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Mit der Kenntnis des wortgebundenen Schrei¬
bens und Lesens ... beginnt die „Bildung“, ob
man es nun selbst kann oder schreiben und
sich vorlesen läßt. Sie bedeutet das Verfügen
des Bewußtseins über den schriftlich festge¬
haltenen, geistig geformten Schatz an erreich¬
ter, ererbter Kultur. Das Geschriebene ist das
Gedächtnis aller Hochkulturen, das der ein¬
zelne im Lauf seines Lebens und im Verhältnis
zum Rang seiner Persönlichkeit erwirbt. . . .
Wer seelisch nur im Tage lebt und nur in des¬
sen Meinungen denkt, der hat keine Kultur.
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Die Schrift ist das große Symbol der Ferne,
also nicht nur der Weite, sondern auch und
vor allem der Dauer, der Zukunft, des Willens
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