der Antike zum Mittelalter (1989), mehrere mit Martina Pitz unternommene inter¬
disziplinäre Studien (siehe oben), dann Studien zu den Heiratsbeziehungen zwi¬
schen Franken und Romanen (2008), Studien zu den Bevölkerungsverhältnissen im
Saar-Mosel-Raum als Voraussetzung der deutsch-französischen Sprachgrenze (1994)
und und und ... (das meiste davon nun in dem neuen Sammelband Stein 2011).
Springen wir zum letzten Untersuchungsgebiet unseres interdisziplinären, auf
die Grenzgebiete zwischen Gallia und Germania gerichteten Arbeitskreises, die
Regionen Burgunds, der großen Bourgogne zwischen Lyon, Vienne, Grenoble,
Genf, Lausanne, Dijon und Besançon. Man weiß, dass der bedeutende römische
Heermeister Aetius noch vor der Mitte des 5. Jahrhunderts burgundische Gruppen
in die Sapaudia rund um Genf umgesiedelt hat, Burgunden, die ihr regnum, halb
römischer Militärdistrikt, halb gentiles Königreich, im Laufe der nächsten fünfzig
Jahre bis nach Lyon, Vienne, Valence an der Rhône und bis in die nördliche Bour¬
gogne und Franche Comté ausbreiteten (vgl. Karte 10). Man weiß, dass der archäo¬
logische Nachweis dieser Gruppen auf Grund nur schwach entwickelter Beigaben¬
sitte nur schwer möglich ist, dass die frühen Fundstätten im Bereich spätantiker
Siedlungen lagen, vor allem bei Genf, dass es für den Nachweis späterer Aus¬
breitung aber wohl noch neuer methodischer Instrumente bedarf. Man weiß auch,
dass mit den Burgunden zumindest im Süden des Gebietes, um Lyon, Vienne,
Briord Fortsetzer der zumeist bestens nach Konsulardaten datierten Grabsteinkultur
aufscheinen, mit zahlreichen, vor allem in den kleineren viel zahlreichen germa¬
nischen, oft sicher ostgermanischen, also gewiss burgundischen Personennamen
(Gaillard de Semainville 1993; Martin 1995; Favrod 2002; Haubrichs 2008, 2009,
2010). Nördlich dieser die antike Memorialkultur (genau wie in Trier) fort¬
setzenden Zone erscheinen nun in einigen Regionen schwer datierbare (aber doch
belegbar bis ins 6. Jahrhundert zurückreichende) ostgermanische zwgos-Namen
(heute auf -ans, -ens lautende Siedlungsnamen wie Combadens, 1422 Combad-ens
< *Gundobad-ingos zum burgundischen Königsnamen Gundo-bad etc.): sie finden
sich nördlich Lyon gehäuft in dem auf das germanische Wort *dumpa (deutsch
Tümp-el) zurückgehenden ,Pays des Dombes4 (einem wasserreichen Weiher¬
gebiet), ca. 659 pagus Dombensis, sie finden sich auch um Besançon nördlich des
Jura in der Franche-Comté, und nördlich des Genfer Sees in dem ebenfalls auf einen
germanischen Begriff, nämlich Wald (vielleicht wie im Langobardischen mit fiskaler
Bedeutung), zurückgehenden Waadt-Land, im Pays de Vaud, dem alten pagus
Waldensis. Frauke Steins beharrlichen, bis in die Fundberichte des 19. Jahrhunderts
zurückgehenden Nachforschungen ist es gelungen, Hinweise dafür zu liefern, dass
die im Waadtland aufscheinenden /Vtgcw-Namen zumindest in frühen Exemplaren auf
eine spätere Phase burgundischer Siedlung weisen. Freilich wird das mgos-Suffix,
obwohl es zahlreiche ostgermanische Personennamen transportiert, später wohl auch
von den Romanen übernommen, denen sich die Burgunden im Laufe des 6.
Jahrhunderts akkulturierten.
Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt dieser durchaus persönlich gefärbten
Betrachtungen, unseren Wanderungen und Exkursionen in Sonne und Nebel, Nebel
und Sonne zurückgekehrt. Noch manches ließe sich davon berichten, wie der ver¬
gebliche Gang zur verwunschenen, auf Berges Spitze gelegenen romanischen Kir¬
che in Burgund, wie das Erlebnis römischer, von baren Füßen später Nachkommen
der Römer getretener Trauben im Wormsgau, die tatsächlich später zu Wein ge¬
führt haben sollen; wie die Erprobung frischer, eigentlich nur mit Unmengen von
66