1948 bestehenden, unter der Ägide der französischen Besatzungsmacht gegründe¬
ten Saar-Universität hatte man die Seminarbibliotheken bislang lediglich mit
Nachschlagewerken, Handbüchern und einigen wenigen Quellenpublikationen und
Hilfsmitteln ausgestattet. Eine Umstellung auf eine - nach dem Vorbild der sonsti¬
gen deutschen Universitäten - auch mit Spezialliteratur ausgestattete Arbeitsbiblio¬
thek für Studenten (mit Umstellung und Umsignierung der vorhandenen Buchbe¬
stände in ein benutzerfreundliches System) war also erforderlich. Das wurde gleich
in den ersten Wochen der anschließenden Semesterferien durchgeflihrt. Um eine
brauchbare Arbeitsbibliothek zu schaffen, war es gleichfalls notwendig, Neuankäu¬
fe in größerem Stil zu tätigen und entsprechende Möglichkeiten in Antiquariaten -
auch in Paris und Nancy - ausfindig zu machen. Zwei Reisen nach Paris und
Nancy habe ich dabei (1962) nutzen können für Studien in der Bibliothèque Natio¬
nale in Paris und im Archiv von Nancy, ergänzt durch Fahrten nach Remiremont,
Épinal und Bar-le-Duc, um die notwendigen Studien zu einem bereits in Freiburg
begonnenen Buch über die Äbtissinnenreihe von Remiremont (1963) fertig stellen
zu können und somit die Edition des Liber memorialis von Remiremont weiter vo¬
ranzutreiben.
Von meinem zweiten Saarbrücker Semester an hatte ich auch regelmäßig die
Abhaltung der mittelalterlichen Proseminare zu übernehmen. Alfons Becker", der
bisherige Assistent, der sich habilitiert und einen Ruf an die Universität Mainz er¬
halten hatte, stand für diese Aufgabe ja nicht mehr zur Verfügung. Diese Tätigkeit
schuf mir einen ersten Eindruck davon, wie man in der Lehre seinen Mann zu ste¬
hen hat. Es hat mir richtiggehend Spaß gemacht. Freilich merkte ich auch, wie we¬
nig mir doch von einem systematischen Aufbau und von der Einbeziehung hilfs¬
wissenschaftlicher Fragen aus meinem eigenen Rostocker Proseminar in Erinne¬
rung geblieben war. (Das war wohl eine Folge davon, dass ich seinerzeit gehofft
hatte, das mir 1948/49 in Rostock im Verlauf politisch bedingter Querelen in der
damaligen sowjetischen Besatzungszone mehr oder weniger zudiktierte Ge¬
schichtsstudium mit einer von mir eigentlich angestrebten Ausbildung zum Geolo¬
gen vertauschen zu können, und dass ich deshalb dieses Proseminar ohne größeres
Interesse besucht hatte.)
Noch während des ersten Halbjahrs in Saarbrücken hatte ich mich auch in das
Oberseminar von Prof. Dr. Eugen Meyerf>, des emeritierten Vorgängers von Lud-
Universität des Saarlandes, hg. vom Historischen Institut in Zusammenarbeit mit dem
Universitätsarchiv, Saarbrücken 2009, S. 72-118. Den Aufbau der Bibliothek aus dem
Nichts dokumentiert insbesondere der „Historische Briefwechsel aus dem Gründungsse¬
mester der Universität des Saarlandes“ zwischen den Professoren Eugen Meyer und Wal¬
ter Mohr S. 67-71.
Prof. Dr. Alfons Becker (1922-2011): Nach dem Studium und der Promotion habilitierte
sich Alfons Becker als erster Historiker an der Universität des Saarlandes und wirkte
dann von 1964/65 bis zu seiner Emeritierung 1987 als Professor für mittelalterliche Ge¬
schichte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Vgl. insbesondere: Erinnerun¬
gen. Prof. Dr. Alfons Becker, in: Jubiläumsschrift (wie Anm. 4), S. 74-77. Vgl. ferner
demnächst den Alfons Becker gewidmeten und in der Francia 2012 erscheinenden Nek¬
rolog von Ernst-Dieter Hehl. (Ich danke Herrn Prof. Dr. Hehl für die freundliche Zusen¬
dung des vorgesehenen Beitrages).
Prof. Dr. Eugen Meyer (1893-1972): 1948 Berufung auf den „Lehrstuhl für Geschichte
des Mittelalters“ an der Universität des Saarlandes, zunächst als Gastprofessor; Emeritie-
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