Auch bei der ersten hauptamtlichen Besetzung des Stadtarchivs Saarbrücken
nach dem Krieg kamen von Eugen Meyer Impulse. Ob auf ihn die Ausschreibung
einer entsprechenden Stelle der Stadt Saarbrücken zurückgeht, bleibt offen. Aus
den Akten nachweisbar ist ein mehrfaches Werben Meyers, die ausgeschriebene
Stelle fachgerecht zu besetzen. Direkt nach der Veröffentlichung der Ausschrei¬
bung in der Saarbrücker Zeitung zu Ostern 1958, brachte Meyer seinen Schüler
Klein ins Spiel, der zwar über keine Archivschulausbildung verfügte, wohl aber
über eine profunde hilfswissenschaftliche Bildung in Ergänzung zu seinem Ge¬
schichtsstudium. Meyer empfahl auch, Klein solle im Falle einer Berufung Prak¬
tika in größeren Archiven ableisten47.
Archive als Mehrwert
Vor dem Hintergrund der Finanzkrise stellt sich die Zukunftsfrage des Saarlandes
immer härter und in diesem Kontext wird auch darüber diskutiert, die Marke Saar¬
land zu kreieren. Um sich zu vermarkten, muss man auch seine eigene Geschichte
kennen, nicht nur ein wenig, sondern schon genau. So etwas erfolgt nicht per
Knopfdruck, sondern vollzieht sich in einer gewachsenen Struktur über Jahre hin¬
weg. Geschichte als Mehrwert - die freie Wirtschaft hat das schon lange erkannt.
Große Unternehmen sind sich dem bewusst, genannt seien etwa Daimler und
Krupp. Ihnen ist ihr Archiv etwas wert. Aber auch hier hat das Saarland Nach¬
holbedarf. Die traditionsreiche Dillinger Hütte, ein Unternehmen mit einer einzig¬
artigen 325-jährigen Tradition, hat kürzlich damit begonnen hat, ein Werksarchiv
aufzubauen - noch ist es ein zartes Pflänzlein. Auch das Traditionsunternehmen
Villeroy & Boch unterhält ein Archiv. Im Wirtschaftsbereich gibt es gleichfalls ei¬
nen Entwicklungsbedarf, dabei hat die saarländische Archivgeschichte mit einem
Wirtschaftsarchiv begonnen. Am 7. Mai 1906 entstand in Saarbrücken das Süd¬
westdeutsche Wirtschaftsarchiv. Initiator war Alexander Tille, Syndikus der Saar¬
brücker Handelskammer. Es war das erste Archiv im Saargebiet und damit steht
ein Archivtyp am Anfang der saarländischen Archivgeschichte, der überall sonst in
Deutschland eher am Ende der Archivgeschichte stand und bestehende Archivland¬
schaften von Staats- und Stadtarchiven ergänzte. Das Südwestdeutsche Wirt¬
schaftsarchiv arbeitete vorrangig als wirtschaftsgeschichtliche Forschungsstelle,
obwohl seine Satzung die Archivierung von Geschäftsberichten und Unter¬
nehmensunterlagen ermöglichte. Nach Tilles Tod kam das Archiv zunächst zum
Erliegen, wurde aber in der Völkerbundszeit von Walther Cartellieri mit einer Aus¬
richtung auf Dokumentation und Statistik wiederbelebt. Im Zweiten Weltkrieg ging
es dann unter. Seine Existenz unterstreicht die raumbildende Bedeutung der Wirt¬
schaft für das Entstehen des heutigen Saarlandes4s.
Ungelöste Herausforderungen
Die Digitalisierung ist mehr als eine technische Innovation, sie steht für eine ge¬
sellschaftliche Revolution, die alle Bereiche verändert. Eine Revolution, die auch
unser Verfassungsverständnis betrifft. Die digitale Welt steht in einem Spannungs¬
verhältnis zwischen empfundener und tatsächlicher Transparenz. Derzeit wächst in
4 Stadtarchiv Saarbrücken, Bestand Personalakten, Abi. 1984, Nr. 170.
4K Herrmann, Grundzüge zur saarländischen Archivgeschichte (wie Anm. 39), S. 216.
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