zudem einen leichten Zugang zum Fluss und eine natürliche Furt geboten hat.
Mögliche Felder auf der Westseite des Bliestals waren somit leicht erreichbar.
Im südlichen Bereich der Bliesaue wurde der Bereich zwischen Vicus und Blies
untersucht, um ehemalige Uferzonen zu lokalisieren und den Zugang vom Vicus
zum Fluss zur Römerzeit zu rekonstruieren. Tonreiche Schichten markieren die al¬
ten Landoberflächen. Sie fallen alle leicht zur Blies hin ein. Funde römerzeitlicher
Keramik in den Tonschichten deuten eine syn- oder poströmerzeitliche Entstehung
an (Abb. 5, S. 291). Als früheste römerzeitliche Landoberfläche wurde die Ober¬
grenze einer Schicht definiert, welche keine römischen Funde enthält. Zu Beginn
der Römerzeit kann man hier eine flache Uferzone annehmen, in der in der folgen¬
den Zeit aus der Siedlung ausgespültes Material abgelagert wurde. Die seenartige
oder sumpfige Senke begünstigte tonige Ablagerungen. Die vorrömerzeitliche
Oberfläche fällt sanft zum Fluss hin ein. Der Zugangsbereich zur Blies war wie im
Norden des Reinheimer Allmends wesentlich flacher als heute und ermöglichte ei¬
nen problemlosen Zugang zu den Flächen am Westufer der Blies. Die heutigen
Uferwälle an der Blies waren zur Römerzeit nicht vorhanden.
Mehrere Schichten tonreichen Materials deuten daraufhin, dass die Verfüllung
der Senke bereits zur Römerzeit zu einer deutlichen Verlandung führte. Die seen¬
artige Senke wurde zu einem Feuchtgebiet, wie Gehäuse von Landschneckenarten
andeuten.
Im Norden des Vicus bestimmte der weiterhin aktive Schwemmfächer vom Tal
südlich des Homerich die Siedlungsentwicklung. Römerzeitliche Strukturen (Stra¬
ße, Fußboden) sind angelegt in Sedimenten des Schwemmfächers, der somit vor
und während der Römerzeit aktiv war und dabei seine Hauptachse verlagert hat. Es
ist anzunehmen, dass durch den Schwemmfächer die Landschaft und ihre Nutzung
signifikant beeinflusst wurden. Die Mächtigkeit des Schwemmfächermaterials und
die darin angelegten anthropogenen Strukturen belegen eine lange Aktivität, die
vermutlich erst durch Anlage des Bahndamms und Verlegung des kleinen Flie߬
gewässers in der Neuzeit vollständig gestoppt wurde.
Das Ausstreichen des Schwemmfächers und geringmächtige kolluviale Schich¬
ten im Bereich der römischen Gräber nördlich des Vicus deuten daraufhin, dass
diese Zone höher gelegen war. Hier liegt eine ähnliche Situation vor, wie sie be¬
reits im Bereich des Reinheimer Allmends und im Hofareal der Villa Reinheim
nachgewiesen wurde. Die Anlage des Gräberfeldes erfolgte in einer überschwem¬
mungsfreien Lage auf einer höher gelegenen Geländestelle am Rande des aktiven
Schwemmfächers.
Die Achse des Schwemmfächers hat sich im Laufe des Holozäns mehrmals ver¬
lagert. Unter römerzeitlichen Strukturen in der Gemarkung „Unterer Sand“ an der
Nordgrenze des Vicus finden sich alte Fließrinnen des Schwemmfächers, welche
zur Römerzeit bereits verfällt und inaktiv waren.
Mittelalter und Neuzeit
Gegen Ende der Römerzeit mit Beginn der Völkerwanderungszeit wird das Klima
deutlich kühler und feuchter. Im Laufe der späten Römerzeit oder des Frühmittel¬
alters erfolgte eine deutliche geomorphologische Überformung der Bliesaue. Rö¬
merzeitliche Pfostenlöcher im Bereich des Allmend sind größtenteils erodiert oder
durch Bearbeitung in den darüber folgenden Horizont übergegangen. Man findet
heute nur noch die Steinverkeilungen am Grund der Pfostenlöcher.
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