Übernahme der Akten ins Landesarchiv
Am 1. April 1965 wurde das Landesarchiv davon verständigt, dass das sogenannte
„Weiße Haus“ in Saarbrücken in der Bismarckstraße 11-13, bis 1958 Sitz des Mi¬
nisterpräsidenten, ab 1. Mai 1965 abgerissen werden sollte24. In den Kellern des
Gebäudes lagerten noch Akten des Wirtschaftsministeriums, und zwar solche der
Abteilungen 2 - Energieversorgung - und 4 - Verkehr - und der ehemaligen saar¬
ländischen Sequesterverwaltung. Die Generalakten der Sequesterverwaltung wur¬
den als archivwürdig betrachtet. Dagegen besteht aus historischen Gründen kein
Interesse an der A ufbewahrung der Spezialakten über die Verwaltung eines kleinen
sequestrierten Vermögens. Es ist zu vermuten, dass sich aber auch Unterlagen
über die Verwaltung großer sequestrierter Objekte, z. B. Neunkircher Eisenwerk,
Röchling 'sehe Eisen- und Stahlwerke, Röchling-Bank unter den Akten der Gruppe
3 finden. Aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wurde vereinbart,
dass Gefangene die Akten aus dem Keller ins Erdgeschoss transportieren sollten,
wo dann Personal des Landesarchivs die Ermittlung der archivwürdigen Akten
vornehmen sollte.
Dies erfolgte in der Zeit vom 20. bis 22. April 19652\ Es wurden ins Landesar¬
chiv übernommen II laufende Meter Akten des ehemaligen Landesamtes Saar für
Vermögensverwaltung (Sequesterverwaltung). Die große Masse der Akten dieser
Behörde wurden für den Einstampf freigegeben. [...] Die Auswahl der Akten des
ehemaligen Landesamtes für Vermögensverwaltung erfolgte, [...], nur nach histo¬
rischer Bedeutung. Übernommen wurden Generalakten über die Einrichtung und
Organisation des Landesamtes für Vermögensverwaltung, [außerdem] von jeder
Aktengruppe ein Beispiel, und zwar PL - Sequestrierung des Vermögens von poli¬
tischen Leitern, MSS dito von Mitgliedern der SS, MSA dito von Mitgliedern der
SA, IH dito von inhaftierten Personen, KV dito von Kriegsverbrechern, DN dito
von durch Entnazifizierung Betroffenen, A g dito von Ausgewiesenen, P Sequestrie¬
rung von Parteivermögen, R von Reichsvermögen, W von Wehrmachtsvermögen,
AB von Judenvermögen, SPL ehemals lothringischer ins Saarland geflüchteter
Vermögen, OG Sequestrierung auf Grund des Ordre Général Nr. 1 des Kontroll¬
rates [richtig: Alliierten Oberkommandos], Prüfungsberichte über sequestrierte
Wirtschaftsunternehmen, Sequestrierungsakten von Vermögen bekannter Persön¬
lichkeiten, z. B. Freiherr von Gemmingen-Hornberg (— Schwiegersohn Hermann
Röchlings), Gebrüder Braun von Stumm, Sequestrierungsakten des Vermögens von
Kreisleitern und Gauamtsleitern.
Der Aktenbestand im Keller des „Weißen Hauses“ in Saarbrücken bestand aus
Akten der Hauptstelle des Landesamtes und aus Akten einiger Außenstellen. Die
meisten erhaltenen Generalakten stammen von den Außenstellen. Vor allem die
Auflösung des Landesamtes ist nicht dokumentiert. Bei den Verfahrensakten sind
in mehreren Fällen sowohl die Akten der Hauptstelle als auch die Akte der zustän¬
digen Außenstelle vorhanden. Eine Kassation wurde bei der Verzeichnung nicht
vorgenommen, da verschiedene Schriftstücke nur in einer dieser Akten vorhanden
waren. Sequesterakten über die oben erwähnten wichtigen Unternehmen des Saar¬
landes liegen nicht vor. Unterlagen der Abwicklungsstelle im Wirtschaftsministe¬
Vermerk Dr. Herrmann vom 2. April 1965, Registratur des Landesarchivs
Vermerk Dr. Herrmann vom 29. April 1965, ebd.
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