Full text: Historische Blicke auf das Land an der Saar

Die Rundfrage über die Schicksale der saarländischen 
Gemeinden und ihrer Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg 
Hans-Walter Herrmann 
Das Saarland, vornehmlich seine auf dem linken Saarufer gelegenen Teile, gehört 
zu den wenigen Gebieten des ehemaligen Deutschen Reiches, die im Zweiten 
Weltkrieg von den ersten Septembertagen des Jahres 1939 bis zum Sommer 1940 
und dann wieder von Herbst 1944 bis Frühjahr 1945 Schauplatz eines Stellungs¬ 
krieges waren und deren Bevölkerung teilweise in das Reichsinnere evakuiert wor¬ 
den war. 
In den frühen Nachkriegsjahren ergab sich, dass einschlägiges Schriftgut über 
Kampfhandlungen und über die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den tatsäch¬ 
lichen oder eventuellen Kampfzonen durch direkte Kriegseinwirkung vernichtet 
war, anderes von den Besatzungsmächten beschlagnahmt, anderes wiederum sei¬ 
tens der Wehrmacht, der NSDAP und deutscher Zivilverwaltungen vor dem Zu¬ 
griff der Besatzungsmacht verbrannt worden war. Ob überhaupt und/oder wann 
historisch aussagekräftiges Schriftgut deutscher Provenienz in alliiertem Gewahr¬ 
sam deutscher Forschung zugänglich würde, war in den frühen Nachkriegsjahren 
unbestimmt. 
Bei dieser Sachlage unternahm die Kommission für Saarländische Landesge¬ 
schichte und Volksforschung im Jahr 1955, drei Jahre nach ihrer Gründung durch 
die Regierung des Saarlandes und ein Jahrzehnt nach Kriegsende, also zu einem 
Zeitpunkt, als bei vielen Ortsansässigen das Erleben des Krieges und seiner Wir¬ 
kung auf ihre Umwelt noch lebendig war, den Versuch, Lücken im Quellengut 
durch Befragung von Zeitzeugen teilweise zu schließen, indem sie einen detaillier¬ 
ten vierseitigen Fragebogen1 mit 65 Fragen über Befestigungen, Erdkämpfe, Luft¬ 
angriffe, Kriegschäden, Lager (siehe Anlage) in alle Orte des Saarlandes versandte. 
Um einen Maßstab zur Bewertung, eventuell auch zur Vervollständigung der ein¬ 
zelnen Beantwortung zu haben, wurden in jeder Gemeinde die kommunale Ver¬ 
waltungsspitze (Bürgermeister, Ortsvorsteher) und die Schulleiter angeschrieben, 
letztere deshalb, weil in den fünfziger Jahren in der Lehrerschaft, vornehmlich der 
Volksschulen, mehr Interesse an ortsgeschichtlichen Belangen als heute bestand, 
nicht zuletzt wegen des Unterrichtsfaches „Heimatkunde“. 
So wurden Mitte Juli 1955 937 Fragebogen über die Landratsämter und Kreis¬ 
schulämter verschickt und als Rücksendetermin der 1. Oktober 1955 angesetzt. Der 
Rücklauf zog sich jedoch viel länger hin als erwartet. Nicht wenige Bürgermeister 
und Ortsvorsteher baten um Aufschub bis nach dem Referendum (23. Oktober 
1955). Manche Schulleiter wollten vor der Beantwortung eine Befragung der Orts¬ 
bevölkerung vornehmen. In Landwirtschaft treibenden Gemeinden blieb in den 
Erntemonaten August, September und Oktober wenig Zeit für solche Erhebungen. 
Einige Schulleiter, vornehmlich in den Städten, teilten mit, dass größere Teile ihres 
Lehrkörpers während des Krieges in einer anderen Gemeinde ansässig gewesen 
Kurzer Bericht von Hans-Walter Herrmann, Zehn Jahre Kommission für Saarländische 
Landesgeschichte, in: Saarbrücker Hefte 16 (1962) S. 71-76, zum Fragebogen S. 74. 
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