Ingbert mit, dass der im Jahre 1932 unternommene Versuche, einen Teil der Gelder
zurückzuerlangen, gescheitert sei, da sämtliche Darlehensempfänger, von zwei o-
der drei Ausnahmen abgesehen, völlig verarmt seien. Kein einziger Prozess war in
1. und 2. Instanz vollständig gewonnen worden, die Kläger selbst mussten meist
für ein oder zwei Drittel der Prozesskosten aufkommen und die den einzelnen
Hausbesitzern zugesprochenen Entschädigungen deckten oft nicht einmal die Kos¬
ten. Neben der Armut der Darlehensnehmer gilt es aber auch, das politische Rän¬
kespiel saarländischer Politiker und Vertreter der bayerischen Regierung zu beach¬
ten, in dem Peter Scheuer, Chefredakteur der in St. Ingbert erscheinenden „West¬
pfälzischen Zeitung“ und von 1924-32 (stellvertretender) Präsident des Landesra¬
tes, eine wichtige Rolle spielte>9. Scheuer hatte die Kontakte zwischen dem Haus¬
besitzerverein und der bayerischen Regierung hergestellt, ihm waren, wie Regie¬
rungsrat Binder von der Bezirksamtsaußenstelle Waldmohr dem Pfalzkommissariat
im Juni 1932 berichtete, die Zuschüsse zur weiteren Verteilung übergeben worden.
Mitte der 1930er-Jahre konnte nicht mehr exakt geklärt werden, wofür die voll¬
ständige Darlehenssumme verwendet worden war; 6.000 Reichsmark waren an die
Saarbrücker Rechtsanwälte Steegmann für die Vertretung in insgesamt 17 Prozes¬
sen und 1308 Reichsmark an einen Gutachter geflossen, 2753 Reichsmark waren
für Gerichtskosten aufgewendet worden. Jedenfalls stieß die Rückzahlung auf gro¬
ße Schwierigkeiten: Der St. Ingberter Bürgermeister Dr. Schier verhandelte mit
dem Hausbesitzerverein und dessen Vorsitzenden Thiery, der eine Rückzahlung
kategorisch verweigerte. Thiery behauptete, man habe 1925 bei einer Besprechung
mit dem bayrischen Regierungsrat Jolas die ganze Sache als politische Angelegen¬
heit betrachtet. die Geldbeträge wären als politische Gelder bezahlt worden und
seien ein Geschenk des bayerischen Staates gewesen. Peter Scheuer habe zudem
die bei Vertretern des Hausbesitzervereins weitverbreitete Meinung, dass sie die
Gelder nicht zurückzahlen müssten, immer unwidersprochen stehen gelassen. Auch
andere Aussagen Thierys machen die eindeutig politische Stoßrichtung der Prozes¬
se deutlich: Er selbst habe keinerlei Interesse an einem Prozess gehabt, sondern
habe im Gegenteil furchten müssen, dass die Bergwerksdirektion dadurch ver¬
schnupft werde und zu einer freiwilligen Übernahme seines Anwesens nicht mehr
bereit sein würde - sein Haus in Schnappach verkaufte er später im Übrigen für
67.000 Reichsmark an die französische Bergwerksdirektion. Bei allen Besprechun¬
gen seien die Münchner Herren jedoch der Ansicht gewesen, daß man unbedingt
klagen müsse, weswegen er sich hierzu bereit erklärt habe60.
4. Ökologie und Geschichte: Das industrielle Erbe als umkämpf-
ter Erinnerungsort
Zahlreiche Studien zur Um Weltgeschichte haben darauf hingewiesen, dass die
Problematisierung der beziehungsweise die Sensibilisierung für die Gefahren und
möglichen Schäden der Gewässerverschmutzung, die durch die Entstehung städti¬
scher Ballungszentren und die Zunahme gewerblicher und industrieller Produkti¬
Vgl. zu Peter Scheuer: Peter Wettmann-Jungblut, Peter Scheuer: Katholisches Kredo
und nationale Kommunitas, in: Der 13. Januar. Die Saar im Blickpunkt der Geschichte,
hg. von Ludwig Linsmayer, Saarbrücken 2005, S. 248-261.
LA SB, Best. LRA.WND, Nr. 378 (Grubenschäden in Schnappach, 1931-1937), o. S.
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