In memoriam Sänke Lorenz, 30.6.1944 - 8.8.2012
Hexenpoutik im Saarraum? Zu Stand und Perspektiven
LANDES- UND KULTURGESCHICHTLICHER HEXENFORSCHUNG IN
EINER „PASSIVEN GESCHICHTSLANDSCHAFT“
Rita Voltmer
I. Wie die Landesgeschichte zur Hexenforschung kam
Die 2005 erfolgte Schließung des 1920 gegründeten „Instituts für Geschichtliche
Landeskunde der Rheinlande“ in Bonn provozierte eine Fülle von Fragen nach
dem Stand, den Perspektiven und den zukünftigen Betätigungsfeldern einer deut¬
schen Landesgeschichtsforschung, gebündelt auf der 2006 veranstalteten Tagung
„Landesgeschichte auf dem Prüfstand“1. Die Diskussion um die Daseinsberechti¬
gung von Landesgeschichte oder Geschichtlicher Landeskunde als universitärer
Disziplin reicht zurück bis in die 1970er Jahre, verschärfte sich aber angesichts der
notwendigen Aufarbeitung eine politisch instrumentalisierten „Westforschung“2.
Weiter befördert vom Generationenwechsel auf den Lehrstühlen, vom Aufstieg der
Historischen Sozialwissenschaften, von bildungspolitisch bedingten Umstrukturie¬
rungen (unter anderem ausgelöst durch den so genannten „Bologna-Prozess“) und
von chronisch leeren Kassen, wurde mehr und mehr das Konzept einer traditionell
mit Schwerpunkt in der Mediävistik angesiedelten Landesgeschichte hinterfragt.
Immerhin, die wenig fruchtbaren Grabenkämpfe der 1990er Jahre zwischen einer
Regionalgeschichte westdeutscher Prägung und der Landesgeschichte schlechthin,
scheinen beendet, wenn man Werner Buchholz folgt3. In ihrer kritischen Würdi¬
gung der bundesdeutschen Frühneuzeitforschung nach 1945 hat Jaana Eichhorn
zwischen Regional- und Landesgeschichte jedenfalls keinen Unterschied gemacht4.
Angesichts dieser Debatten und drohender Umwidmung oder Nichtbesetzung
fragte noch am 5. September 2007 das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zei¬
1 Vgl. Rheinische Landesgeschichte an der Universität Bonn. Traditionen - Entwicklungen -
Perspektiven, hg. von Manfred Groten und Andreas Rutz, Bonn 2007.
2 Vgl. Matthias Werner, Die deutsche Landesgeschichtsforschung im 20. Jahrhundert.
Aufbrüche, Umbrüche, Perspektiven, in: Landesgeschichte (wie Anm. 1), S. 157-178;
Stephan Laux, Rheinische Frühneuzeitforschung. Traditionen - Stand - Perspektiven, in:
ebd., S. 197-231; Christoph Monn, Was ist und zu welchem Zweck betreibt man Landes¬
zeitgeschichte? Zu Problemen und Perspektiven einer Landesgeschichte der Moderne, in:
ebd., S. 233-250.
Werner Buchholz, Vergleichende Landesgeschichte und Konzepte der Regionalge¬
schichte von Karl Lamprecht bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1990, in: Landesge¬
schichte in Deutschland. Bestandsaufnahme - Analyse - Perspektiven, hg. von Dems.,
Paderborn und anderswo 1998, S. 11-60, hier S. 48f.
4 Jaana Eichhorn, Geschichtswissenschaft zwischen Tradition und Innovation. Diskurse,
Institutionen und Machtstrukturen der bundesdeutschen Frühneuzeitforschung, Freiburg
im Breisgau 2006, S. 280-283.
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