Infanterie-Regiment Eisass, das auf französischer Seite kämpfte23. Der erste
Oberstinhaber war kein geringerer als der Kardinal Mazarin (t 1661). Ihm folgte
Graf Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken (1661-1667), diesem wiederum
Pfalzgraf Christian II. von Birkenfeld (1667-1696)* 24, der Bruder von Karl Sieg¬
frieds Mutter Dorothea Katharina. Unter dessen Kommando diente Karl Siegfried
als centurio, bis er infolge des Holländischen Krieges (1672-1679)*2 in einen Loya¬
litätskonflikt geriet: Am 20. August 1673 hatte Kaiser Leopold I. (1658-1705) ein
Mandatum Avocatorium (Abberufungsbefehl) erlassen, in dem alle in franzö¬
sischen Diensten befindlichen Deutschen zur sofortigen Rückkehr ins Reich aufge¬
fordert wurden. Von diesem in zahlreichen Drucken kursierenden Schreiben 6
muss auch Karl Siegfried Kenntnis erlangt haben. Ganz im Gegensatz zu seinem
Onkel entschied er sich dafür, das Lager zu wechseln und auf deutscher Seite zu
kämpfen. Ob er tatsächlich der kaiserlichen Anordnung so prompt folgte, wie es
die Butzbacher Inschrift wahrhaben will, erscheint allerdings fraglich: Immerhin
datierte das Avocatorium vom Jahre 1673, und Karl Siegfried lebte offenbar bis
1675 in Paris. Möglicherweise hat er tatsächlich erst zu einem späteren Zeitpunkt
von dem kaiserlichen Abberufungsschreiben erfahren.
fortan diente er unter dem Befehl des Marquis Otto de Grana (t 1685), der sich
als kaiserlicher General-Major vor allem in der Schlacht an der Konzer Brücke (11.
August 1675) ausgezeichnet hatte und aufgrund seiner militärischen Verdienste am
17. September 1675 zum Feldmarschall-Lieutenant ernannt worden war7. Seit
1669 war Grana Inhaber eines Infanterie-Regiments; wahrscheinlich bezieht sich
darauf der Ausdruck copiae marchionis de Grana in der Butzbacher Inschrift. Karl
Siegfried hatte nunmehr den Rang eines praepositus turmae inne, was wohl am
ehesten mit „Schwadronführer“ zu übersetzen ist. In dieser Funktion kämpfte er in
der später oft heroisierten Schlacht am Kochersberg (nahe Straßburg)28, die auch
für ihn persönlich ein verhängnisvolles Ende nahm. Im Laufe des Jahres 1677 war
2j K. Engel, Der Regimentsstab des Deutschen Infanterie-Regiments Eisass, in: Zeitschrift
für die Geschichte des Oberrheins N.F. 15 (1900), S. 66-92.
24 Ebd. S. 71.
2:1 Zur Geschichte des Holländischen Krieges siehe John A. Lynn, The Wars of Louis XIV
1667-1714, London/New York 1999, S. 113-157. Zum reichsgeschichtlichen Hinter¬
grund John P. Spielman, Leopold I. Zur Macht nicht geboren, Graz-Wien-Köln 1981, S.
72-80; Georg Schmidt, Geschichte des alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen
Neuzeit 1495-1806, München 1999, S. 217-22.
26 Erstdruck unter dem Titel: Der Röm. Kayserl. Majest, AVOCATORIUM oder
MANDAT, worinnen alle in der Cron Franckreich befindliche/so wohl hohe= und
niedrige Officierer als auch gemeine/sich ihrer Kriegs=Diensten begeben und abthun
sollen, o. O. o. J. [1673]. Späterer Nachdruck bei Johann Christian LÜnig, Das Teutsche
Reichs-Archiv. Pars Generalis, Leipzig 1710, S. 686f. - Zu Leopolds Mandatum Avo¬
catorium siehe auch Heinz Wenkebach, Bestrebungen zur Erhaltung der Einheit des
Heiligen Römischen Reichs in den Reichsschlüssen von 1663 bis 1806 (Untersuchungen
zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte 13), Aalen 1970, S. 128.
2 Biographische Angaben zu Grana bei A. Janke, Die Belagerungen der Stadt Trier in den
Jahren 1673 bis 1675 und die Schlacht an der Conzer Brücke am 11. August 1675, Trier
1890, S. 22 und 67, Anm. 21.
28 Zur geographischen Lage und zur militärischen Bedeutung des Kochersbergs siehe Joelle
Burnouf (Hg.), Le Kochersberg. Histoire et Paysages, Strasbourg 1980, S. 61-77.
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