Die Grabinschrift des Grafen Karl Siegfried von Nassau-
Saarbrücken (t 1679) in der Butzbacher Markuskirche
Michael Oberweis
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die Stadt Butzbach in der Wetterau vorüber¬
gehend zu einem fürstlichen Residenzort. Nach dem Tod des Landgrafen Georg I.
von Hessen-Darmstadl (1567-1596) einigten sich seine Söhne 1602 auf ein Erbsta¬
tut, das die Einführung der Primogenitur vorsah. Doch rasch erwies sich, dass der
Erstgeborene, Ludwig V. (1596-1626), seinen jüngeren Brüdern nicht die hohen
Entschädigungssummen zu zahlen vermochte, die vertraglich ausbedungen waren.
Zur Abfindung wurden daher neu begründete Duodezherrschaften vergeben; Lud¬
wigs Bruder Philipp (III.) wurde so zum Landgrafen von Hessen-Butzbach (1609-
1643)1.
Der hochgebildete Fürst entfaltete in seiner Residenzstadt nicht nur eine rege
Bautätigkeit, sondern ging auch diversen wissenschaftlichen Interessen nach, ins¬
besondere auf dem Gebiet der Astronomie2 *. Zwischen 1620 und 1622 ließ er im
Südchor der Butzbacher Markuskirche eine Gruft errichten, die sich durch ein an¬
spruchsvolles künstlerisches und theologisches Programm auszeichnete'. Er selbst,
seine erste4 * und seine zweite’^ Gemahlin fanden dort ihre letzte Ruhestätte.
Wer heute die Butzbacher Markuskirche besucht, wird in unmittelbarer Nähe
der landgräflichen Gruft auf eine hochrechteckige Grabplatte stoßen, die dem An¬
denken des jungen Grafen Karl Siegfried aus dem Hause Nassau-Saarbrücken
gewidmet ist6. Aus Lahnmarmor gefertigt, hat sie die beachtlichen Ausmaße von
2,20 m in der Höhe und 1,10 m in der Breite7. In den Ecken des leicht vertieften
Feldes ist je ein bekrönter Wappenschild angebracht; die obere Hälfte des Feldes
Ausführlich dazu Wilhelm Diehl, Philipp, Landgraf von Hessen-Butzbach (Hessische
Volksbücher 5), Darmstadt 1909, S. 12-18; Ludwig HORST, Zur Geschichte Butzbachs.
Vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert, Butzbach 1971, S. 165-177; vgl. auch Karl E.
Demandt, Geschichte des Landes Hessen, Kassel/Basel 21972, S. 300.
Diehl, Philipp (wie Anm. 1), S. 37-52; ders., Landgraf Philipp von Butzbach, seine
Bauten und Studien, Gießen 1922; Horst, Butzbach (wie Anm. 1), S. 177-183.
Zur Butzbacher Markuskirche und insbesondere zur fürstlichen Gruft siehe Rudolf
Adamy, Kunstdenkmäler im Großherzogthum Hessen. Provinz Oberhessen, Kreis Fried¬
berg, Darmstadt 1895, S. 22-38; Aus der Geschichte der Evangelischen Gemeinde Butz¬
bach. Herausgegeben aus Anlaß der Renovierung der Markuskirche, Butzbach 1967, S.
10-21; Jörg Wiegand, Die Evangelische Markuskirche Butzbach, Butzbach 2007.
Anna Margareta, geb. Gräfin von Diepholz-Bronckhorst (f 1629).
Christina Sophia, geb. Gräfin von Ostfriesland (t 1658).
6 Erwähnt bei Adamy, Kunstdenkmäler (wie Anm. 3), S. 36; Aus der Geschichte (wie
Anm. 3), S. 56; Bodo Heil, Grabsteine in und an der Butzbacher Markuskirche erzählen
Stadtgeschichte, in: Butzbacher Geschichtsblätter Nr. 247 (27. Mai 2010), S. 195f., hier
S. 195.
Vgl. Abb. 1, S. 306 und Abb. 2, S. 307; Fotos: Brunhild Escherich (Akademie der Wi¬
ssenschaften und der Literatur Mainz).
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