Brennofen. Bis die Gefäße schließlich zum Brennen bereit waren, waren folglich
viel mehr Arbeitsschritte, Zeit, Kreativität sowie Investitionen nötig als bei der
üblichen grauen Irdenware (Abb. 5, S. 298).
Die aufwändige Herstellungsweise und höheren Materialkosten mündeten ohne
Zweifel in einen höheren Verkaufspreis, und demnach kann man davon ausgehen,
dass vor allem die besonders schmuckvollen Krüge vermögenderen Haushalten
Vorbehalten blieben. Gewiss beruht die große Seltenheit dieser Gefäße weiterhin
darauf, dass im 13.-14. Jahrhundert noch längst nicht jede Töpferei die Techno¬
logie des Glasierens kannte und beherrschte. Sie wurde deshalb wahrscheinlich nur
von verhältnismäßig wenigen Herstellern vertrieben, und wer sich dieses zu seiner
Zeit optisch herausragende Geschirr leisten wollte und konnte, war gegebenenfalls
auf dessen Bezug aus entfernteren Produktionsorten angewiesen.
Die Verbreitung der glasierten, reich verzierten Irdenware und
mögliche Konkurrenzprodukte
Bei der Nachforschung, in welchen Regionen solche Funde bisher archäologisch
nachgewiesen wurden, deutet sich an, dass die glasierte, reich verzierte Irdenware
nicht überall vertreten ist. Dies dürfte eine Forschungslücke sein, und gewiss sind
viele Fundstellen bislang unbekannt. Schließlich warten nicht nur im Saarland in
den archäologischen Funddepots vorhandene Keramikkollektionen aus dem Mittel-
alter noch auf eine wissenschaftliche Auswertung. Insbesondere werden Fragmente
glasierter Irdenware des 13. und 14. Jahrhunderts beim flüchtigen Blick leicht mit
jüngerer glasierter Ware verwechselt, wenn man die Charakteristika der spätmittel¬
alterlichen Glasuren nicht kennt* 11. Dies gilt vor allem dann, wenn die gefundenen
Fragmente außer der Glasur keinen typischen Dekor aufweisen. Jedoch zeichnet
sich ab, dass der fehlende Nachweis glasierter Keramik der betreffenden Zeitstel¬
lung nicht nur im lückenhaften Forschungsstand begründet ist, sondern dass der¬
artige Ware vorrangig in Siedlungshorizonten des nordwesteuropäischen Raumes
rund um Nordsee und Ärmelkanal auftritt. In den Landschaften zwischen Somme
und Ems findet man sie, insbesondere im nördlichen Gebiet des heutigen Frank¬
reich und westlich der Schelde in Kronflandem, während sie in anderen Regionen
selten oder überhaupt nicht vorkommt. Vermutlich entstand die glasierte, reich ver¬
zierte Irdenware im späten 12. Jahrhundert im südlichen England und ihre Her¬
stellung wurde bis gegen Ende des ersten Viertels des 13. Jahrhunderts in vielen
Töpferzentren aufgenommen. In Frankreich verbreitete sich die glasierte, reich
verzierte Irdenware bis ungefähr nördlich der Linie Lyon-Bordeaux im Laufe des
13. Jahrhunderts. In der Ile-de-France, der Champagne und Lothringen wurden an¬
scheinend noch im 14. Jahrhundert reich verzierte, glasierte Waren hergestellt,
während sie in den Ursprungsgebieten bereits nicht mehr geläufig waren. Auch in
dieser Befund noch kein Beweis für die stete Durchführung des Schrühbrands darstellt:
Nathalie Dautremont, Daniel Dufournier, Murielle Georges-Leroy und Milan
Milutinovic, La production potière des XIIIe-XVe siècles du quartier du Pontiffroy à
Metz (Moselle): Les fouilles 1987-1988, in: Revue Archéologique de l'Est 51
(2001/2002), S. 361-414, hier S. 380.
11 Zur Charakteristik der jüngeren glasierten Irdenware, deren Herstellung vielerorts im 15.
Jahrhundert begann, siehe Bernard, Gefäßkeramik Burgen (wie Anm. 3), S. 22.
112