Bedford neu gebunden, gibt es im Codex in Chantilly keine Provenienzeinträge oder Be¬
sitzer-Notizen mehr.
Die Lütticher und die Leben-Jesu-Handschrift aus Chantilly übertragen einen der zahl¬
reichen Vita-Christi-Texte des 13. und 14. Jahrhunderts ins Deutsche, nämlich die Vita
domini nostri Jesu Christi des aus Siena stammenden, aber im Verlauf seines Ordenslebens
einige Jahre in Norddeutschland tätigen Augustiner-Eremiten Michael von Massa (1300-
1337).1 Recht verbreitet ist auch der Passionstraktat Angelipaäs, der in etwa 40 Abschrif¬
ten überliefert ist; auch von diesen gibt es eine deutsche Übertragung (München, UB, 4°
cod. ms. 488, fol. 1-202. Aus Ingolstadt, datiert 1429).3 4
Seine „Vita Christi“ ist dem gegenüber in weniger als einem Dutzend Handschriften
überliefert. Sie entstand wohl in den Jahren 1330-1335 in Norddeutschland, wo Michael
von Massa vermutlich an Stätten seines Ordens als Lehrer tätig ward Es gab in diesen
Jahrzehnten mehrere Niederlassungen der Augustiner in ,Norddeutschlandt — wenn man
diesen topographischen Begriff weit fasst: in Böddeken, Eberhardsklausen, Neumünster.
Bislang kann man mittels urkundlicher Nachweise keine Verbindungen zwischen Michael
von Massa und diesen Klöstern festmachen.
Die einzige Handschrift, die — am Anfang und im Explicit — Michael von Massa als Au¬
tor nennt: Inripit devotissimus libellus Michaelis de Massa de vita D. n. J. Chr. secundum textum
Evangelistarumf ist der Leipziger Codex Ms. 800, der aus der Altzeller Klosterbibliothek
stammt, eine über 357 Blätter und zehn verschiedene Texte umfassende Sammelhand¬
schrift. Die einzelnen Teile sind zu verschiedenen Zeiten, zwischen 1424 und 1479, ge¬
schrieben und später zu einem Konvolut zusammengebunden worden. Die „Vita Chri¬
sti“ stellt den ersten Text dar (fol. lr-lOOr).
Von den zahlreichen lateinischen Textzeugen der „Vita Christi“ des Michael von Massa
seien hier lediglich diejenigen angeführt, die sich zur Abfassungszeit in Bibliotheken der
Umgebung von Trier befanden:
3 Baier, Walter: Untersuchungen gu den Passionsbetrachtungen in der Vita Christi des Ludolf von Sachsen. Ein quellen-
kritischer Beitrag gu Lieben und Werk Ludolfs und gur Geschichte der Passionstheologie (Analecta Cartusiana 44),
Salzburg 1977.
4 im Überblick dazu Hans Fromm in: Verfasserlexikon pVLd. Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserle¬
xikon. Begründet von Wolfgang Stammler, fortgeführt von Karl Langosch. Zweite, völlig neu bearbeitete
Auflage unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter. Hg. von Kurt Ruh u.a: Bd. LI4. Berlin 1978-2008,
hier Bd. 6, Berlin 1987, Sp. 503-509.
3 Vgl. die relevanten Eintragungen zu den Klöstern bei Kohl, Wilhelm / Persoons, Ernest / Weiler, Anton
G. (Hg.): Monasticon Windeshemense, Teil 1: Belgien, Teil 2: Deutsches Sprachgebiet, Teil 3: Belgien, Teil 4: Register
(Archives et Bibliothèques de Belgique. Numéro special), Brüssel 1976-1984, passim,
6 Baier: Untersuchungen (wie Anm. 3), S. 344, Anm. 4.
Für Auskünfte zum noch unpublizierten Katalogeintrag des Manuskripts danke ich Herrn Dr. Falk Eis¬
ermann, seinerzeit Leipzig.
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