Ehe, die seinen politischen Planen dienlich ist, diesmal mit Herzog Philibert von Savoyen,
den Margarethe 1501 heiratet. In Savoyen bietet sich für Margarethe zum ersten Mal die
Gelegenheit, nicht länger nur Spielball dynastischer Machtinteressen zu sein, sondern
selbst politisch aktiv zu werden. Engagiert greift sie in die Auseinandersetzungen mit
Philiberts Halbbruder René um die Macht in Savoyen ein und erweist sich, im Gegensatz
zu ihrem Ehemann, der sich offenbar allein für höfische Vergnügungen interessiert, als
äußerst geschickte Diplomatin, die mit Hilfe klug ausgewählter Berater erfolgreich ihre
politischen Interessen durchsetzt. Aber auch ihre Zeit in Savoyen findet ein jähes Ende,
als Philibert nach nur dreijähriger Ehe an einer Eungenentzündung stirbt. Voller Trauer
kehrt Margarethe in die Heimat zurück, doch ist sie diesmal nicht mehr bereit, weiteren
Heiratsprojekten ihres umtriebigen Vaters zuzustimmen. Sie widersetzt sich erfolgreich
und entscheidet sich für ein Leben als Witwe. Da die burgundischen Niederlande sie als
Tochter Marias von Burgund — anders als den stets fremd gebliebenen Habsburger Maximi¬
lian - als legitime Herrscherin des Landes anerkennen, überträgt Maximilian ihr nach dem
Tod ihres Bruders die Vormundschaft über ihren Neffen, den späteren Karl V., und setzt
sie als Statthalterin und Regentin ein, eine Aufgabe, die sie zunächst im Auftrag Maximili¬
ans, spater im Auftrag ihres Neffen, bis zu ihrem Tod 1530 äußerst erfolgreich und souve¬
rän erfüllt.
Vor allem in dieser Zeit, zwischen 1507 und 1530, weiß sie die Freiräume und Möglich¬
keiten, die ihr einerseits ihr Status als Witwe, andererseits ihre Rolle als offizielle Statthal¬
terin des Kaisers bieten, zu nutzen, um ihren Hof in Mechelen/Malines, im Herzen der
burgundischen Niederlande gelegen, nicht nur zum geographischen und politischen Zen¬
trum, sondern auch und vor allem zu einem kulturellen Mittelpunkt des Landes zu ma¬
chen.' Als eine der bedeutendsten Mäzeninnen ihrer Zeit lässt sie Maler und Bildhauer aus
ganz Europa für sich arbeiten, fördert die zeitgenössische Musik und pflegt literarische In¬
teressen. Handschriften und Inkunabeln, die sie aus Spanien und Savoyen mitgebracht
hat, werden in Malines der Grundstock einer umfangreichen Büchersammlung, die Mar¬
garethe anlegt und die sich - anders als die Bibliothek ihrer Großmutter Margarethe von
York — keineswegs nur auf religiöse Schriften beschränkt. Anknüpfend an die bibliophile
Tradition ihrer burgundischen Vorfahren, von denen sich zahlreiche wertvolle Erbstücke
bald in ihrem Besitz wiederfinden — am berühmtesten zweifellos die Handschrift der Très
Riches Heures des Jean de Berry -, zeigt Margarethes Büchersammlung ein vielseitiges Pro¬
fil. Religiöse und didaktische Werke finden sich neben unterschiedlichster Erzählliteratur,
alte Chansons de geste, Artus- und Antikenromane neben modernen humanistischen No¬
vellen, Epik neben Lyrik, Vers neben Prosa, Handschriften neben frühen Drucken. 1511
6 Siehe zum Folgenden Strelka, [osef: Der Burundische Renaissancehof Margarethes von Österreich und seine literar¬
historische Bedeutung, Wien 1957; Ders.: „Die Literatur am Renaissancehof Margarethes von Österreich zu
Mecheln“, in: Herbert Zeman (Hg,): Die österreichische Literatur: eine Dokumentation ihrer literarhistorischen Ent¬
wicklung, Bd. 1 und 2: Ihr Profil von den Anfängen im Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert (1050-1750) (Jahrbuch
für österreichische Kulturgeschichte 14/15), Graz 1986, S. 759-766; Eichberger, Dagmar: Leben mit Kunst,
Wirken durch Kunst. Sammelwesen und Hofkunst unter Margarete von Österreich, Regentin der Niederlande (Burgun-
dica 5), Turnhout 2002 sowie die verschiedenen Beiträge im Ausstellungskatalog Eichberger: Women of
Distinction (wie Anm. 4).
89