Mantua und erwirbt sich mit ihrer Ausbildung dort — zusammen mit ihrem künftigen
Ehemann — unter der Leitung des 1423 für die Erziehung der Kinder der Markgrafen
nach Mantua berufenen Humanisten Vittorino da Feltre eine ausgezeichnete Basis, die sie
über Jahrzehnte stetig weiter ausbaut. Mantegnas Portrait der Markgräfin in den Vierzi¬
gern zeigt zwar keine Schönheit, aber eine in sich ruhende Frau mit überaus wachem Blick
(Abb. 2).
Abb. 2: Andrea Mantegna, Die Nordwand der Camera degli sposi im Palazzo ducale in Mantua (Detail):
Barbara von Brandenburg (1474; Bildquelle: Cordaro 1992, S. 73)
Der Gestaltung der Camerapicta durch Mantegna verdanken wir auch ein bei allem Rea¬
lismus wenig schmeichelhaftes Portrait der dritten Protagonistin des hier zu entwickeln¬
den Rezeptionsdreiecks, der jungen Paola Gonzaga (1463-1496)/’ Es kaschiert geschickt,
und Hofmann 1881, mit dem Abdruck von 29 lateinischen Briefen Barbaras von Brandenburg, S. 32-51.
Zahlreiche weitere Briefe - die über das Archiv der Gonzaga Eingang in das Stadtarchiv von Mantua
fanden und ihr Leben umfassend dokumentieren — belegen die Bildung und die Aktivitäten der Markgrä-
fm von Mantua. Sie ist seit kurzem auch die Protagonistin eines preisgekrönten historischen Briefromans
von Marie Ferranti, Caprincesse de Mantoue (2002), dessen Einband der englischen Übersetzung allerdings
— eher dem Diktat des Kommerz als dem Anspruch auf historische Genauigkeit folgend — nicht das offi¬
zielle Portrait Mantegnas ziert, das an den untersten Rand gedrängt ist, sondern das ihrer im Familien-
portrait hinter ihr stehenden schönen gleichnamigen Tochter, Barbara Gonzaga. Auch sie hätte zwar das
Zeug zur tragischen Protagonistin eines historischen Romans, denn sie feiert unmittelbar nach der Fer¬
tigstellung der Camera picta im Juli 1474 mit Eberhard V. von Württemberg, genannt ,im Bart‘, die ob ih¬
rer Prachtentfaltung vielgerühmte und nichtsdestoweniger ausgesprochen unglückliche ,Uracher Hoch¬
zeit4, aber um sie geht es weder bei Marie Ferranti noch im Folgenden. Ihr Schicksal lässt aber erahnen,
welch glänzende Partie Paola Gonzaga ohne ihre Behinderung (vgl. infra) hätte machen können.
6 Zur Biografie Paola Gonzagas vgl. Ceonhard und Paola 2000, S. 1-205; darin besonders Castri, S. 45-48 so¬
wie Babinger 1956 (insbesondere zu ihrer letzten Lebensphase und zur Datierung ihres Todesjahrs auf
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