Wie kumberlich si dicke
Ze sorglichem schricke
Wart gemket harte,
Dag wag du reine garte ....
(„Ich weiß von ihr noch mehr, ich meine ihre vollkommene Treue, die sie stets von Neu¬
em ihrem lieben Gemahl erweist. Das ist dem Gefolge und den Fernerstehenden als
Wahrheit bekannt geworden, wie vielfachen, wechselnden Kummer die Reine mit tugend¬
haftem Anstand in fernem welschem Land [Italien] ertragen hat, wie viele wissen. Wie
leidvoll sie oft in sorgenvollem Erschrecken grob geweckt wurde, das bewegte die reine
zarte [Dame] ...“).
Wie Beatrix von Tirol wird Margarethe die „Reine“, die „Anmutige“ genannt und das
Hauptlob gilt nach dem schon vorher hervorgehobenen anstandsvollen, repräsentativen
Benehmen (v. 8: mit rechter tguchteglimpfe „ ein Benehmen, hervorgegangen aus guter Erzie¬
hung“) der trüwe, der „Treue“ gegenüber dem Kaiser, auf dessen Ehre und Nutzen sie
stets zielt (ere unde fronten). Der Preis der trüwe setzt sich fort, er zielt erneut auf die Elhre
des Kaisers, diese trüwe ist also eine politische Treue, meint stetige Partnerschaft, die sie
die kaiserliche Krone zu Recht tragen lässt (P IV, v. 36ff.):
Will ieman gantge trüwe spehen,
Der schowe die keiserinne,
Dü mit stetem sinne
Meint ir friedeis ere,
Da von dü küsche here
Hat keiserliche cröne
Mit grosser richeit schöne,
Als es der beste wollte
Empfangen als si sollte
Bi dem keiser Eudewig.
(„Will jemand wahre Treue sehen, der schaue an die Kaiserin, die mit beständigem Sinne
pflegt ihres Geliebten Ehre. Deswegen hat die Reine und Erhabene die mit großer Macht,
so wie es besser nicht sein könnte, geschmückte kaiserliche Krone vom Kaiser Ludwig,
wie es Brauch ist, empfangen.“).
Die Kaiserin ist ein Exempel der trüwe. Dies befähigt sie dazu, die Verstrickungen des
Kaisers in die Sorge zu entwirren; so ist sie befähigt, rasch Freude lebendig werden zu las¬
sen. Demut vereint sie mit hohem Anstand, und dieses hohe, repräsentative Verhalten ge¬
biert neue Freuden. Niemand kommt an reichen Tugenden dieser Dame gleich (ebd.,
v. 46-56).
Es ist die Allegorie der Ehre, die an der Kaiserin ihre Sorge um die Ehre des Kaisers,
den honor imperatoris, rühmt, gewissermaßen also ihre eigene Emanation preist, die sich in
der triuwe äußert und Freude, höfisch repräsentative Freude produziert, wie sie als Aufga¬
be der Fürstin schon in der oben analysierten Klage um Beatrix von Tirol definiert wurde.
Diese Position wird im zweiten Fragment des Kaiserinnenpreises [ETI] verstärkt
(v. 10ff.). Wieder ist die Preisende wohl Frau Ehre, die in geradezu zärtlichen Tönen von
Margarethe spricht:
Ey was seiden ist betagt
Dem fürsten dem si wonet bi
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