Burgunderherzog auf und trat ihm ihre Pfandrechte am Herzogtum ab.1 Die wirtschaftli¬
che Leistungsfähigkeit Luxemburgs und der mit ihm verbundenen Grafschaft Chiny
reichte bei weitem nicht an die von Flandern und Brabant, aber beide waren ein Baustein
in der von den Burgunderherzögen angestrebten Landbrücke von ihren Besitzungen an
Saône, Doubs und Yonne zu denen zwischen Ärmelkanal und Mündungsgebiet von
Schelde, Maas und Rhein. Vielleicht zur Beschwichtigung der Stände titulierte Herzog
Philipp die Görlitzerin als seine Tante4'/ um sich dadurch an die luxemburgische Dynastie
,anzusippen‘. Eine Blutsverwandtschaft bestand aber nicht.4 ' Die Stände fühlten sich den
direkten Nachkommen Kaiser Sigmunds enger verbunden als der Görlitzerin und knüpf¬
ten Verbindung an mit Herzog Wilhelm III. von Sachsen, dem Schwiegersohn König
Albrechts. Er legte eine rund 800 Mann starke Truppe in die Stadt Luxemburg"1' und ließ
Diedenhofen als zweitgrößte Stadt des Herzogtums durch den Herzog von Gleichen be¬
setzen." Daraufhin zögerte die Görlitzerin die Vertragsbestimmungen zu erfüllen.
Im Herbst 1443 reagierte der Burgunder mit der Besetzung der Städte Montmédy,
Ivois, Marville und Arlon, während Luxemburg und Diedenhofen ihm keinen Einlass ge¬
währten. Er quartierte sich zusammen mit Elisabeth von Görlitz in Flörchingen/Florange
bei Diedenhofen ein, sein Heer unter dem Kommando des Bastards von Burgund lagerte
bei Kattenhofen/Cattenom. Mitte Oktober verließ er Flörchingen und begab sich nach
Yvois, seine Armee rückte vor bis Esch-sur-Alzette"2. Mit einer handstreichartigen Ein¬
nahme der Stadt Luxemburg in der Nacht vom 22./23. November 1443"" schuf der Bur¬
gunder ein fait accompli.
ln den anschließenden Verhandlungen"4 zwischen Elisabeth von Görlitz, Philipp von
Burgund und Wilhelm von Sachsen wurde unter Vermittlung des Trierer Kurfürsten Ja¬
kob von Sierck, der zeitweise selbst Interesse an einem Erwerb des Herzogtums gezeigt
hatte, " vereinbart, dass Elisabeth auf das Herzogtum Luxemburg und die mit ihm ver¬
bundene Grafschaft Chiny verzichten solle gegen einmalige Zahlung von 22.000 fl. und
einer lebenslänglichen Rente von 4000 fl. jährlich. Wilhelm von Sachsen und seine Gatdn
Anna, die Tochter des inzwischen verstorbenen König Albrechts II. (f 1442) und Enkelin
Kaiser Sigmunds, sollen Philipp Luxemburg und Chiny für 120.000 ungarische fl. überlas¬
sen unter Vorbehalt des Rückkaufrechtes für Annas knapp vierjährigen, also minderjähri¬
gen Bruder Ladislaus (* 1440)."'1 Die von Zeitgenossen unterschiedlich gewertete Stellung
4 Vertrag von Hesdin 4. Oktober 1441.
48 Z.B. Publ. Lux. 28 (1873) S. 81 Nr. 150 und S. 94 Nr. 184, ebd., 30 (1875) S. 16, 26.
49 Elisabeth war in erster Ehe mit Anton von Burgund, Herzog von Brabant, dem Bruder von Philipps Va¬
ter, vermählt gewesen. Insofern trifft die Verwandschaftsbezeichnung ,Tante‘ in etwa zu.
3(1 Vielleicht gehört in diese Zeit eine Nachricht der Cron. Zantfliet hg. von Martene / Durand Bd. V
S. 448: „Domicello de Rodemake qui Epternacum oppidum in eius despectum conflagraverat.“
51 Philippe von Vigneulles (wie Anm. 4), Bd. 11 S. 376f.
52 Puhl. Lux. 28 (1873) S. 133 Nr. 233.
53 Zusammenstellung der einschlägigen Quellen in Publ. Lux. 29 (1874) S. 165-172. Zur Verteidigung Lu¬
xemburgs gegen den Herzog von Sachsen siehe AD Cote d’Or B 11882.
54 Dabei fungierte Wilhelm, Herr von Finstingen, als Dolmetscher.
55 Miller: facob von Sierck (wie Anm. 44), S. 37; Weber-Krebs: Markgrafen (wie Anm. 1), S. 84ff.
56 Publ. Lux. 29 (1874) S. 8 Nr. 12.
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