Full text: Zwischen Herrschaft und Kunst (44)

II. Zur Ausstattung der Handschriften in Lüttich und Chantilly und zum Bildzyklus 
ln der lateinischen Ausgangsfassung war der Text unbebildert. Die Übertragungen in die 
Volkssprachen — ins Deutsche beziehungsweise Französische — weisen dann Illustrationen 
auf. Von den zwölf bislang bekannten deutschen (moselfränkischen, alemannischen, 
schwäbischen) Textfassungen sind neun bebildert, beziehungsweise es waren Illustratio¬ 
nen vorgesehen, die dann aber nicht ausgeführt wurden. 
moselfrän¬ 
kisch 
1. Lüttich, UB, W ittert 
71 
um 1445 
40 Miniaturen 
2. Chantilly, Musée 
Condé, Ms. 35 
um 1445 
40 Aliniaturen 
alemannisch: 
3. Nürnberg, GNM, Ms. 
28441 
1449 
45 Miniaturen 
4. Karlsruhe, Bad. LB, 
Lichtenthal 70 
um 1450/52 
40 Aliniaturen 
5. Karlsruhe, Donaue- 
schingen Ms. 436 
um 1460 
40 Aliniaturen 
schwäbisch: 
6. Frankfurt, SuUB, Als. 
germ. qu. 99 
1472-76 
89 kolorierte Feder¬ 
zeichnungen 
7. Frankfurt, SuUB, Ms. 
germ. qu. 103 
1505 
245 kolorierte Fe¬ 
derzeichnungen 
süddeutsch: 
8. Zürich, ZB, C 10 D 
1459 
Bilder vorgesehen, 
nicht ausgeführt 
9. St. Gallen, Stiftsbibi., 
599 
1467 
20 Initialen mit Fe¬ 
derzeichnungen 
10. Wolfenbüttel, HAB, 
August. 1,11 
1471 
über 200 Feder¬ 
zeichnungen 
Um die Sonderstellung der Manuskripte in Chantilly und Lüttich hinsichtlich ihrer ma¬ 
lerischen Ausstattung besser zu verstehen, müssen wir uns nun vergleichend einem Manu¬ 
skript zuwenden, das aus dem alemannischen Übersetzungsstrang der „Vita Christi“ 
stammt: eine Handschrift aus dem Augustiner-Chorfrauenstift Inzigkofen, jetzt in Nürn¬ 
berg (German. Nationalmuseum, Als. 28441), geschrieben 1449 von der Priorin Anna jäck 
oder Jaekin und mit ursprünglich 45 eingeklebten Aliniaturen und Holzschnitten.11 Peter 
Schmidt hat der Schreiberin und ihrer Handschrift einen Beitrag mit dem bezeichnenden 
Titel „Kleben statt malen: Handschriftenillumination im Augustiner-Chorherrenstift In- 
zigkofen“2" gewidmet, dem hier gefolgt sei. 
Im Jahr 1449 stellte Anna jäkin, Priorin in Inzigkofen, eine Abschrift des Leben-Jesu- 
Textes fertig, die wie alle anderen Textzeugen auch in 50 Kapitel gegliedert ist, jedes ein¬ 
geleitet durch eine rubrizierte Überschrift. Anna Jäkin hat von Anfang an vorgehabt, die 
appellativen Kapitelüberschriften wie etwa „Hie betracht wie Ihesus stat vor Annas ge- 
19 Schmidt, Peter: Gedruckte Bilder in handgeschriebenen Büchern: pum Gebrauch von Druckgraphik im 15. Jahrhundert 
(Pictura et poesis 16), Köln 2003. 
20 Schmidt, Peter: „Kleben statt malen: Handschriftenillustration im Augustiner-Chorfrauenstift Inzig¬ 
kofen“, in: Falk Flsermann / Eva Schlotheuber / Volker Honemann (Hg.): Studien und Texte pur literari¬ 
schen und materiellen Kultur der Frauenklöster im späten Mittelalter (Studies in Medieval and Reformation 
Thought 99), Leiden / Boston 2004, S. 243-283. 
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