Full text: Interferenz-Onomastik

Systemen erreicht, die traditionell einnamig waren - womit eine wesentliche 
Voraussetzung für Begegnung und Austausch der beiden Namensysteme 
gegeben war.4 6 Mit der allmählichen Öffnung der romanischen Namengebung in 
spätantiker Zeit für Aspekte der Bedeutung waren dann die Bedingungen für 
diesen Austausch mit dem von Beginn an semantisch geladenen und für die 
Namenspender und -träger transparenten germanischen Namensystem, das 
schließlich mit überraschender Deutlichkeit dominierte, noch weiter verbessert 
worden. Überhaupt wird man von einer ,Erfolgsgeschichte1 des germanischen 
Namensystems sprechen können, denn um das Jahr 800 sind etwa 80 bis 90% 
aller Personennamen im westlichen und mittleren Europa germanische Namen, 
wenn auch regional große Unterschiede bestehen." 
Ziel des Projekts ist nun die Untersuchung aller sprachlichen Phänomene, 
die sich aus dem Aufeinandertreffen des römischen und des germanischen Na¬ 
mensystems in Spätantike und frühem Mittelalter ergeben haben. Hierzu 
gehören zum einen Prozesse der Desintegration, der Abgrenzung und des 
Schwundes. Zum anderen sind es alle Erscheinungen lautlicher, morpholo¬ 
gischer und lexikalisch-semantischer Art, die aus den Kontakten der beiden 
Namensysteme resultieren und die in ihren zeitlichen, räumlichen und 
funktionalen Dimensionen darzustellen sind. Untersuchungsgebiet sind die 
Begegnungsräume der spätantiken-römischen Zivilisation und der gentilen 
Gesellschaften zunächst von Nord- und Mittelitalien, der Gallia sowie den 
Rheinlanden, der Donau- und der Alpenregion; die Iberische Halbinsel wird 
vergleichend mit berücksichtigt. Wichtigste Materialgrundlage hierzu ist die 
Datenbank des von Historikern und Philologen gemeinsam getragenen, inter¬ 
disziplinären Unternehmens ,Nomen et gensf Dieses sammelt die Perso¬ 
nennamen der germanischen Völker und Reiche der Völkerwanderungszeit und 
des frühen Mittelalters, also der Zeit des beginnenden 4. Jahrhunderts bis um 
die Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert, aus den rechtsrheinischen Gebieten des 
fränkischen Reiches sowie aus Gallo-, Ibero- und Italoromania. Die Daten¬ 
bank, die ihre Belege vor allem aus Urkunden, erzählenden Quellen wie Heili- 
genviten und historiographischen Werken, Polyptycha, Nekrologien und 
Mönchslisten schöpft, enthält inzwischen rund 60.000 Belege.1’ Daneben 
wurden die einschlägigen Repertorien germanischer Personennamen heran¬ 
gezogen, die auch die Namen außerhalb des Kontinents berücksichtigen und 
4 Zum germanischen Namensystem vgl. Schramm 1957; Greule 1996; Sonderegger 
1997; Haubrichs 2009, S. 196ff; eine knappe Darstellung auch bei Jochum- 
Godglück/Schorr 2008, S. 375ff. 
Vgl. Haubrichs 2004d, S. 85ff; Haubrichs 2008, passim. 
6 Zu Datenbank und Forschungsprojekt vgl. Geuenich 2002; Geuenich/Haubrichs/ 
Jamut 2002; Hägermann/Haubrichs/Jamut 2004; Goetz/Haubrichs 2005; Geuenich/ 
Runde 2006; Kettemann/Jochum-Godglück 2009. 
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