Spickermann, der eine Ableitung von kelt. *gabro- als „sicher“ qualifi¬
ziert und sich dabei auf einen sprachwissenschaftlichen Anhang von
Patrizia de Bemardo Stempel zu seinem Beitrag beruft,72 übergeht die
lautlichen Probleme. 73 Die Semantik liegt viel eher allgemein im
Bereich von ,männlichem Zuchttier bei Kleinvieh1 (insbesondere bei
Ovicapriden). Für die genauere Spezifizierung stellen das Keltische
wie das Germanische Wortfelder zur Verfügung, die groß genug sind -
und die vor dem Hintergrund einer differenzierten Landwirtschaft
(insbesondere einer bis in den Bereich des Industriellen gehenden)
Kleinviehzucht im Untersuchungsraum auch vorauszusetzen sind.74
Darum ist der unbedingte Ersatz des im Keltischen abgegangenen idg.
,Schaf-Worts durch dasjenige für die Ziege nicht aussagekräftig
genug. Vielmehr erweist sich der Name entweder als direktes germa¬
nisches (das ist urverwandtes) Gegenstück zu kclt. *gabros, oder es
handelt sich um eine Germanisierung, die sich im Sprachkontakt
ergeben hat.
2. Dazu sei als ,missing link’ die 1870 zerstörte Stele von Gerstheim (Ei¬
sass; CIL XIII, 5971) genannt. Eine im Halbrelief gearbeitete Männer¬
figur in einer Cuculla, die einen Beutel vor sich hält, trägt die Unter¬
schrift GABRO.75 Es ist leider nicht nachzuweisen, dass es sich hierbei
gleich wieder, da sie mit zu vielen Unbekannten operiert. Außerdem ist der
skizzierte Wandel nur vor g belegt.
Spickermann: „Keltische Götter“ (wie Anm. 3), S. 134 und Anm. 50, unter Beru¬
fung auf Patrizia de Bemardo Stempel (ebd., S. 140).
Vgl. auch Hupe, Joachim: „Studien zum Gott Merkur im römischen Gallien und
Germanien“, in: Trierer Zeitschrift für Geschichte und Kunst des Trierer Landes
und seiner Nachbargebiete 60 (1997) S. 53-227, hier S. 120, für den der Beiname
„bis heute nicht schlüssig gedeutet“ ist. Albrecht Greule danke ich für den Hinweis,
dass Namen der Struktur gNbr- beziehungsweise *geb-(a-) + r-Suffix im Germa¬
nischen durchaus möglich sind, vgl. dazu Wahlberg, Mats (Hg.): Svenskt ortnamns-
Iexikon, Uppsala 2003, S. 158, sub voce ,Jävsjön‘: Der Gewässername (1742
Giœvra, 1800 liöfrd) enthält im Bestimmungswort ein adjektivisches Element der
Bedeutung ,gebend1, der Name als ganzer würde ,fischreiches Gewässer1 oder ähn¬
lich bedeuten (im Sinne von ,Geber-See1). Auch der Ortsname Gebra (1162
Gevere), südöstlich Bleicherode, Thüringen, scheint auf diese Struktur zurückzu¬
gehen, siehe dazu Walther, Hans: Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsge¬
schichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, Berlin
1971, S. 264, dessen sonderbare Etymologie („ahd. *Gebäre ,Leute an der Flu߬
biegung1, zu idg. *ghebh- ,biegen, sich krümmen1“) ich allerdings nicht nachvoll¬
ziehen kann.
4 Vgl. Graf: Schaf und Ziege (wie Anm, 7), S. 107-130 und passim.
Abgebildet bei Espérandieu, Émile: Recueil général des bas-reliefs, statues et
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