entstanden. Aber im Anlaut trat im 13. Jahrhundert offensichtlich für aso. .v-
nun dt. js| ein, das vor Konsonant bekanntlich |s| (graphisch schließlich <sch>)
ergab. Im Ortsnamen Schwanditz ist diese spätere Interferenzform im Anlaut
bis heute bewahrt worden.
Der eben beschriebene Prozess Hegt auch beim Ortsnamen Schmölln (süd¬
westlich von Altenburg) vor: 1066 abhatia Zmulna, 1138 Zmolensis locus,
1147 in loco qui dicitur Zmolne, 1159 Zmulnensis ecclesia, (1207) in Zmolne
aus aso. *Smol’no o.ä. zu aso. *smola .Harz, Pech, Teer4 S. verdeutlicht klar die
Aufnahme von aso. anlautend s- als dt. |ts| mit <z> in der Aufzeichnung. Erst
vom 13. Jahrhundert an ist zugleich eine erneute Interferenz nachweisbar mit
1269 Merboto de Smolne, 1331 Smolne eyn hus und eyn stat, 1342 Smoln,
1413 Smollen, 1445 Smoln, 1528 Schmölln - wiederum mit nun dt. |s| sowie
<s> für aso. |s| und Übergang zu Schm- vor Konsonant wie beim Ortsnamen
Schwanditz.
3. Wie lässt sich der Prozess der Ortsnamen-Übernahme aus dem Altsor¬
bischen bis zur Ortsnamen-Niederschrift in Einzelschritte auflösen?
Es geht um die Frage, wie man sich den Prozess der Interferenz von Orts¬
namen aus der Ausgangssprache (LA) in die entlehnende Sprache (LE) vor¬
stellen kann - formelhaft ausgedrückt: |ONLA| —> jONLE|
Für den Forscher liegt lediglich die Ortsnamen-Schreibung aus der Überlie¬
ferung vor. Wir wissen allerdings, dass dt. <s> in der Zeit vom 9. bis 13. Jahr¬
hundert den Lautwert [s] besaß, also sch-artig gesprochen wurde. !n Urkunden
erscheinen demgemäß z.B. 874 Smalacalta, Ende 10. Jahrhundert Suanebeke,
1212 Suarcenberc für heute Schmalkalden, Schwanebeck und Schwarzen¬
berg: Entsprechend wurden auch slaw. respektive aso. |sv| und jzv| bis ins 13.
Jahrhundert mit <zu> beziehungsweise <zv> oder <zw> in Schrift transpo¬
niert. Der Lautwert war [tsw]. Hingegen slaw. |c| mit dem Lautwert [ts] treffen
wir bei Ortsnamen-Schreibungen in der Überlieferung an als <c> <cz> <tz>
<zc>.
Erschwerend bei der Interpretation der Graphien wirkt, dass z.B. ein Gra¬
phem <s> auf Grund des Lautwerts [s] auch in der mittelalterlichen Kanzlei
genutzt wurde, um ein aso. |c| mit dem Lautwert [tsch] anzuzeigen, vgl. um
1200 Lunsic für wohl im Deutschen gesprochenes [*lunsits\ zu einem aus¬
gangssprachlichen *Lqcic [lorjtschits]. Anders formuliert: Vom urkundlichen
Transponat einer ins gesprochene Deutsche übernommenen Ortsnamen-Form,
dem Transsumt, schließen wir auf die altsorbische Ausgangsform. Dabei sind
die Graphemvarianten besonders zu beachten.6 Das gilt durchaus auch für spä¬
Belege nach Eichler, Emst / Walther, Hans: Städtenamenbuch der DDR, Leipzig
1986, S. 246, S. 250 und S. 251.
f’ Vgl. detailliert Hengst, Karlheinz: „Die Beziehung zwischen altsorbischem Phonem
und Graphem in lateinischen Urkunden“, in: Onomastica Slavogermanica 3 (1967)
S. 113-126; Ders.: „Strukturelle Betrachtung slawischer Namen in der Überliefe-
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