Full text: Interferenz-Onomastik

Oberschicht in die Waadt kamen, welche für die merowingischen Könige die 
Macht im Pagus Ultrajoranus ausübte. Ihr sprachliches Prestige war anschei¬ 
nend enorm, wenn man an die Adoption des Lehnsuffixes -ingos durch die 
Romanen denkt. Jedenfalls kann im Genferseegebiet von Einwanderung der 
Alemannen im Frühmittelalter keine Rede sein. 
Wohl erst karolingischen Ursprungs ist die heutige Kantonsbezeichnung 
Vaud aus germanisch Wald, eventuell Übersetzung aus jurensis/juranus zu 
juris , Bergwald1. Pagus Valdensis steht zwar schon in der Gründungsurkunde 
515 von Saint-Maurice, welche in Wirklichkeit erst gegen 800 redigiert wurde, 
aber da handelt es sich wohl um eine der zahlreichen Interpolationen der 
Urkunde: in pago Waldense, in fine Aventicense seu Juranense steht in einem 
der drei Manuskripte des genannten Dokuments.11 Vor allem fehlt die Be¬ 
zeichnung Waadtland in den Chroniken von Marius und Fredegar und taucht 
erst 765 in der Schenkung des Ayroenus auf, dort gleich viermal (z.B. pago 
Valdense), doch deutet zweimaliges turma Meldensis ,die Mönchsgruppe des 
Moudongaus‘ auf eine ältere Benennung der Gegend nach dem alten Zentralort 
Moudon.12 Dieselbe Mönchsgruppe turma Melvensis steht übrigens bereits in 
dem erwähnten Dokument von 515.1' Im 9. Jahrhundert erscheinen dann 
mehrere Vertrauen erweckende Zeugnisse für das Waadtland, z.B. 888 in 
comitatu Uualdense in einer Originalurkunde.14 
Sicher handelt es sich bei diesem Gaunamen auch um ein Namenpaar, doch 
wird dies erst greifbar in der Neuentlehnung deutsch Waadt, mit einer früher in 
den Patois viel weiter verbreiteten Monophthongierung au > a. Da die Vokali- 
sierung von vorkonsonantischem /> u im Französischen erst im 12. Jahrhundert 
beendet war, wird man die darauf folgende Patois-Entwicklung au > a nicht zu 
früh ansetzen dürfen. Damit ergibt sich für die Entlehnung von deutsch Waadt 
ein hochmittelalterlicher Termin. Die ersten Belege Wat stammen jedenfalls 
aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts.1" Nebenbei bemerkt wissen wir auch 
11 Theurillat, Jean-Marie: „L’abbaye de Saint-Maurice d’Agaune des origines à la 
réforme canoniale 515-830 environ“, in: Vallesia9 (1954) S. 1-128, hier S. 80. 
i: Besson, Marius: „La donation d’Ayroenus à Saint-Maurice“, in: Revue d'histoire 
ecclésiastique suisse 3 (1909) S. 294-296; Morerod, Jean-Daniel: Genèse d’une 
principauté épiscopale. La politique des évêques de Lausanne (IXe-XIV siècle) 
(Bibliothèque Historique Vaudoise 116), Lausanne 2000, S. 52. 
! ’ Die Form stellt zwar große phonetische Schwierigkeiten, an der Identität der beiden 
Mönchsgruppen kann man aber vernünftigerweise nicht zweifeln. 
14 Die Urkunden der hurgundischen Rudolßnger, Theodor Schieffer (Hg.) (Monumenta 
Germaniae Historica, Diplomata 2a), München 1977, S. 96. 
15 Fontes Rerum Bernensium, Bd. V: Umfassend die Jahre 13/8 bis 1331, Bern 1890, 
S. 700 (a. 1329; Original) [im Folgenden: FRB], Muret, Ernest: „Nom“, in: Eugène 
Mottaz (Hg.): Dictionnaire historique, géographique et statistique du Canton de 
Vaud, Bd. 2, Lausanne 1921, S. 729-730. 
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