Full text: Forschungsaufgabe Industriekultur

vertikale Integration innerhalb einer Unternehmung von der eigenen 
Steinkohlengrube über die an diese angeschlossene Kokerei, über das 
Hochofenwerk und das Stahlwerk bis zu den Walzwerken entwickelt 
werden, wie es an der Ruhr üblich ist. 
Es gibt für die Hüttenuntemehmen zwar die Möglichkeit, im Kohlenre¬ 
vier um Forbach, das sieh im reichsdeutschen Elsass-Lothringen in 
unmittelbarer Nähe zu ihren saarländischen Hütten befindet, Kohlen¬ 
felder zu kaufen. Aus ihnen wird aber erst nach 1900 Kokskohle ge¬ 
fördert.67 
Eine Möglichkeit für die Saarhütten besteht allerdings im Erwerb von 
Kohlegruben im Ruhrgebiet und im Aachener Revier. Die Gebrüder 
Röchling z.B. kaufen Kohlenfelder bei Hamm in Westfalen und bei 
Aachen und versorgen von dort her ihre Hochöfen, vor allem die der 
Carlshütte in Lothringen.68 
Aus den genannten Standortfaktoren resultieren folgende Sachverhalte: 
1. Der preußische Bergfiskus verfügt an der Saar über eine sehr starke 
Marktstellung, die insbesondere aus der räumlichen Distanz zu den 
nächstbenachbarten leistungsfähigen Steinkohlerevieren an Rhein und 
Ruhr und im Aachener Raum und dem Fehlen einer leistungsfähigen 
Wasserstraße resultiert. Die Monopolstellung des Fiskus führt dazu, 
dass sieh der Preis der Saarkokskohle zwischen 1896 und 1910 um 
30% über dem Preis der Ruhrkokskohle bewegt.69 
2. Die Förderung an Fettkohle bleibt in den Saargruben seit 1883 dau¬ 
ernd hinter der sich kontinuierlich erhöhenden Nachfrage der saarlän¬ 
dischen Hüttenwerke nach Kokskohle zurück. Letztere sind daher 
gezwungen, ihren Bedarf zum Teil aus dem Ruhrgebiet und dem Aa¬ 
chener Revier zu decken. 0 Karl Röchling berichtet, die königliche 
Bergwerksdirektion habe ihm 1887 auf die Mitteilung, er wolle einen 
neuen Hochofen bauen, erwidert, er möge das Bauen unterlassen, denn 
Fettkohlen könnten sie ihm doch nicht in Aussicht stellen.71 Die un¬ 
zureichende Förderung von Fettkohle und die Notwendigkeit, bei 
deren Verkokung hochwertige Ruhrkohle beizumischen, führen dazu, 
67 Ralf Banken, Die Entwicklung des Steinkohlenbergbaus in der Saarregion 1815-1914, in: 
Acht Jahrhunderte Steinkohlenbergbau, hrsg. von Hans-Walter Herrmann. Namur 2002, 
S. 273-290, hier S. 285; ders.. Die Industrialisierung der Saarregion 1815-1914. Bd. 2: Take- 
Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850-1914, Stuttgart 2003. 
68 Latz (Anm. 20), S. 118. 
69 Ebd., S. 25-26. 
70 Ebd. 
71 Schlenker (Anm. 20), S. 119. 
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