die Eisen schaffende Industrie des Saarlandes ausmachen, nämlich die drei
damals bereits großen Werke Burbach, Neunkirchen und Völklingen sowie die
beiden kleineren Hütten Haiberg und Dillingen.
Neunkirchen und Diliingen sind alte Betriebe, die aus der vorindustriellen
Phase des Eisengewerbes stammen. Die Burbacher Hütte geht, wie erwähnt,
1856 als Neugründung in Betrieb. Die Wiederinbetriebnahme der Haiberger
Hütte im Jahre 1867 ist faktisch ebenfalls eine Neugründung, allerdings auf alter
Wurzel. Das Völklinger Eisenwerk nimmt nach einer kurzen Vorphase 1881
unter Röchling die Produktion auf.
Vier der fünf Werke - nämlich Neunkirchen, Völklingen, Burbach und
Dillingen - sind im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu integrierten Hütten¬
werken ausgebaut. Das bedeutet, dass sie über die drei konstituierenden Be¬
triebsabteilungen Hochofenwerk, Stahlwerk und Walzwerk verfügen. Lediglich
die Haiberger Hütte ist kein integriertes Hüttenwerk, sondern eine Gießerei.
Allerdings eine solche, die zwar ebenfalls über ein Hochofenwerk verfügt, aber
kein Stahlwerk besitzt, sondern aus Gießerei-Roheisen Gussprodukte, haupt¬
sächlich Gussrohre, erzeugt.
Diese grundsätzliche Betriebsstruktur der saarländischen Hüttenwerke ändert
sich mehr als ein Drei Vierteljahrhundert nicht. Erst die Stilllegung der Flüs¬
sigphase in Burbach 1977 leitet die Auflösung der vertikalen Integration der
saarländischen Hüttenwerke ein.
Seitdem in den Saar-Hütten ein rentabler Einsatz von Minette praktiziert wird
und vor allem seit der Verfügbarkeit des Thomas-Verfahrens und damit der
Möglichkeit, aus der Minette in großem Umfang Massenstahl herzustellen,
stellen sich neue Standortfragen.
Bezogen auf die Faustformel, dass zur Erzeugung einer Tonne Roheisen drei
Tonnen Minette benötigt werden, scheint es zunächst überzeugend, dass die im
Saarrevier gelegenen Hüttenwerke die Erzeugung ihres Roheisens in das Minet¬
tegebiet verlagern und das dort hergestellte Eisen zur Weiterverarbeitung an die
Saar transportieren.42 43 Auf diese Weise lassen sich erhebliche Transportkosten
einsparen. Eine solche Verlagerung ist umso näher liegend, als über größere
Zeiträume hinweg Ruhrkoks in Lothringen und Luxemburg nicht viel teurer ist
als Saarkoks an der Saar.42 Tatsächlich erfolgt eine derartige Verlagerung der
Roheisen-Produktion:
42 Döring (Anm. 1), S. 64-65. Die ersten Kokshochöfen benötigen zur Erschmelzung einer
Tonne Roheisen bis zu drei Tonnen Koks. Bis um 1870 ist die Hochofentechnik so weit
entwickelt, dass zur Gestehung derselben Menge Roheisen nur noch ca. 1,0t Ruhrkoks oder
1,2t Saarkoks benötigt werden.
43 Martin (Anm. 5), S. 141.
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