jedoch keine wesentliche Änderung. Auch noch in den 1980er Jahren waren
Frauen in saarländischen Industriebetrieben zu 9/10 als Hiifsarbeiterinnen und
Angelernte eingesetzt.4
ln engem - wenn auch nicht ausschließlichem - Zusammenhang damit steht die
weitaus geringere Entlohnung von Frauen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert
verdienten Fabrikarbeiterinnen die Hälfte dessen, was ihre männlichen Kollegen
erhielten.97 98 99 ln der Saarregion fiel die geschlechtsspezifische Differenz noch
gravierender aus, denn hier mussten sich die Frauen mit 35 bis 50% des Män¬
nerlohns zufrieden geben." Am Beispiel des Unternehmens V&B ist jedoch
unschwer zu erkennen, dass die Frauen in Hinsicht auf die Entlohnung zu
Anfang des 20. Jahrhunderts aufholen konnten: Verdienten 1899 in der Stein¬
gutfabrik noch 20% der Frauen weniger als 1 Mark pro Tag, so kam dies 1913
nicht mehr vor. Während 1899 84% aller Arbeiterinnen 1 bis 2 Mark pro Tag
verdienten, waren dies 14 Jahre später nur noch 61%, rund 34% kamen nun
sogar auf einen Tagessatz von 2-3 Mark. 1913 verdienten jedoch bereits 80%
der Männer über 3-4 Mark, die meisten befanden sich in der Verdienstklasse von
4-5 Mark.100 Insgesamt zeichnet sich in den Statistiken ab, dass ein stärkerer
Zugriff auf weibliche Kräfte intendiert war. Der Firmenhistoriker Peter Brock
warnte infolgedessen 1914 eindringlich vor den Auswirkungen einer solchen
Vorgehensweise: "Sollte die Abwanderung [der jungen Männer in die Schwer¬
industrie] sich weiter vollziehen, so würde damit für die gesamte männliche
Arbeiterschaft natürlich die Gefahr heraufbeschworen, daß das weibliche Element
in stärkerem Maße herangezogen werden müßte, was einen allgemeinen Lohn¬
druck unvermeidlich zur Folge haben würde. Es liegt in der Hand der Arbeiter¬
schaft, dieser Gefahr durch die Behauptung ihrer Plätze entgegenzuarbeiten und
die leichtsinnige Abwanderung jugendlicher Elemente nach Möglichkeit zu
vermeiden.'"01
In den 50er Jahren war die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern immer
noch hoch: Betrug 1953 der Durchschnittslohn in der Metall verarbeitenden
Industrie für Männer 152,61 frs., verdienten Frauen dagegen gleichzeitig nur
117,90 frs. 1955 erhielten Männer in der chemischen Industrie durchschnittlich
60 frs. mehr als Frauen, im graphischen Gewerbe lag die Differenz sogar bei
100 frs.102
97 Arbeitskammer (Anm. 87), S. 50.
98 Hermann Schäfer, Die Heimarbeiterin und die Fabrikarbeiterin (1800-1945), in: Die Frau
in der deutschen Wirtschaft, hrsg. von Hans Pohl u. Wilhelm Treue. Köln 1985 (= Zeit¬
schrift für Untemehmensgeschichte; Beiheft 35), S. 65-88, hier S. 72.
99 Nimmesgern (Anm. 16), S. 15
100 Nimmesgern (Anm. 92), S. 43.
101 Brock (Anm. 66), S. 202.
102 Vgl. Kurzberichte des Statistischen Amtes, zit. bei Gehlen (Anm. 74), S. 32.
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