Full text: Forschungsaufgabe Industriekultur (37)

Frauenarbeit einen festen Platz, um 1860 stellten sie rund 30% der Beschäftig¬ 
ten. Produzierten zahlreiche kleine Ziegeleien im 19. Jahrhundert noch einfache 
Mauersteine und Dachziegel "meist nach alter Weise mittelst Handarbeit während 
der guten Jahreszeit",7 so entstanden seit den 1870er Jahren einige moderne 
Fabriken, die mit Dampfmaschinen und Ringöfen ausgestattet waren. Friedrich 
Pabst, dessen Vater eine große Ziegelei am Saarbrücker Hafen besaß, errichtete 
eine Tonwarenfabrik auf dem Rothenberg, die so gut florierte, dass 1910 ein 
zweites Werk in Homburg eröffnet werden konnte. In Saarbrücken stellte Pabst 
buntfarbige Tonplatten und Trottoirsteine sowie Chamotteröhren und Schorn¬ 
steinaufsätze her, die er auch ins Ausland exportierte. Im Jahre 1904 beschäftigte 
er etwa 300 Personen, worunter sich auch viele Frauen befanden.8 Schließlich 
wusste ein Gewerbeinspektor 1885 über die Fabrik zu berichteten, dass ihr "der 
sonst in der hiesigen Gegend herrschende Mangel [an Arbeit] Für Frauen und 
Mädchen insofern sehr zu statten [kam], als ihr billige Arbeitskräfte solcher 
jederzeit in Massen zur Verfügung stehen. Zumal aus den benachbarten Berg¬ 
mannskolonien - wie Herrensohr - finden zahlreiche Mädchen zum theil schon 
vom 16./17. Lebensjahre ab Lohnerwerb in der Fabrik [...]".9 
Die Fabrik von Brach & Weichelt in Kleinblittersdorf hatte um 1900 mit ca. 220 
Mitarbeitern ebenfalls eine beachtliche Beschäftigtenzahl aufzuweisen.10 11 Auch 
dahinter verbirgt sich eine Vielzahl von Arbeiterinnen, denn vom Jahr 1892 
wissen wir, dass ihr Anteil bei fast 50% lag." 
Eine weitere Branche mit traditionell hohem Frauenanteil war an der Saar die 
Steingutindustrie. Während die meisten Steingutfabriken aber mittelständische 
Betriebe waren, die bis zur Jahrhundertwende schließen mussten, expandierte 
die Firma Villeroy & Boch (V&B) zu einem Großunternehmen, das sich auch 
heute noch erfolgreich auf dem Weltmarkt behauptet. Infolge dieser außerge¬ 
wöhnlichen Kontinuität ist die Quellenlage vergleichsweise gut und versetzt 
uns in die Lage, nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Aussagen zu 
treffen, etwa über die Situation der Frauen am Arbeitsplatz oder den Stellenwert 
ihrer Arbeit in der Untemehmensphilosophie. 
Beim Übergang ins 20. Jahrhundert entstanden darüber hinaus Hand in Hand 
mit technischem Fortschritt, zunehmendem Wohlstand und gesteigerten Kon¬ 
sumbedürfnissen neue Produktionsbetriebe im Bereich der Genussmittel- und 
Verbrauchsgüterindustrie. Die Zucker- und Backwarenfabrik Wahlster, die 
Saardruckerei oder die Wäschefabrik des Großhandelshauses Arnold Becker 
7 Jahresbericht der Handelskammer pro 1864. 
8 Staberow's neuer illustrierter Führer durch Industrie, Handel und Sehenswürdigkeiten von 
St. Johann-Saarbrücken, Malstatt-Burbach und Umgebung sowie die bedeutendsten indus¬ 
triellen Werke des Saargebiets. Saarbrücken 1904, S. 57. 
4 LH AK 442 Nr. 4321, S. 520-22 (Oktober 1885). 
10 100 Jahre Saartonindustrie, in: Die saarländische Wirtschaftszeitung 27 (1973), S. 110. 
11 LHAK442Nr. 4160. 
275
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.