aufgeklärten Absolutismus, Sie ließen sich in klassische Begriffe kleiden, ja, die
Ethik der Treue schien nun in den Unternehmen fröhliche Urständ zu feiern.
Monarchisches Protektorat
Treue übten unsere Protagonisten, ebenso wie Bismarck, unbedingt nur gegen¬
über ihrem monarchischen Herrscher. Liest man die "Gedanken und Erinnerun¬
gen", so ist zu schließen, dass alles kritisiert werden konnte, nur nicht der alte
Kaiser. Krupp der ältere und Krupp der jüngere blieben ihrem König und Kaiser
stets ebenso treu wie Stumm, dessen persönliche Freundschaft zu Wilhelm II.
Mitte der 1890er Jahre zeitweilig abgekühlt sein mag, aber bald wieder beant¬
wortet wurde, wie ja auch Friedrich Alfred Krupp und Wilhelm 11. seit Bonner
Studientagen eifrig, wenn auch in gebotener Hierarchie, eine wohl auch anders
begründete Freundschaft pflegten. Wie wohl keine sonstigen Unternehmen,
sind Krupp und Stumm durch königliche und kaiserliche Gunst seit 1861 zum
Teil wiederholt geehrt worden.43 Wilhelm I. war viermal Gast in Essen, zuerst
1853 als Prinz, zum letzten Mal am 2. September 1877, und das war der Sedans¬
tag. Beim letzten Mal konnte der alte Krupp auch die Gastlichkeit eines Hauses
bieten, das Schloss zu nennen er sich stets verbeten hat, und der Essener Män¬
nergesangverein trug die Hymne von der "Wacht am Rhein" vor. Krupp suchte
seinerseits seinen Kaiser häufiger auf, ebenso wie sein Sohn, der sich wiederum
des wiederholten Besuches seines kaiserlichen Freundes erfreute. Dass Wilhelm
1902 anlässlich der Beerdigung Krupps mit großem Gefolge einem Bürgerlichen
die letzte Ehre erwies, war ganz unüblich und bezeichnet die Beziehung beider
wie auch die Sonderrolle der Fa. Krupp im Kaiserreich. Stumm war nicht ganz so
bedeutend, aber nachdem er nobilitiert worden war, sich das zugehörige Schloss
Haiberg errichtet hatte und vor allem wohl, weil seine politischen Schlachten im
Reichstag am anderen Ende der Linden genehm waren, ehrte ihn Wilhelm 11.
durch Hinzufügung des Schlosses zum Namen und besuchte ihn dort selbst im
Jahre 1892, wobei dann der Rote Adlerorden und das Kaiserbild nach Lenbach
übergeben wurden. Der übliche Ordenssegen erging auch hier über die Arbeiter
und Beamten, ebenso wie bei den Besuchen in Essen.
Man mag all dies als Äußerlichkeiten abtun, und der These von der Feudalisie¬
rung der deutschen Unternehmer in der Zeit des Kaiserreichs lässt sich mit
einigem Recht widersprechen. Wir handeln hier aber über zwei dickköpfige
Unternehmer, die sich feudalen Glanz anbequemten, wenn sie auch ihre jeweils
eigenen Wege gingen: Krupp war Kaufmann und Bürger und ließ sich nicht
adeln, der Sohn nahm nur den Titel des Geheimen Kommerzienrats hin; Stumm
war Soldat und sah keinen Grund zur Ablehnung des Freiherrntitels. Man muss
wissen, dass gerade Wilhelm II. eifrig nobilitierte, darunter freilich insgesamt
nicht einmal eine Handvoll Reichstagsabgeordnete.
43 Vgl. Berdrow, Krupp (Anm. 15), S. 181 sowie Hundert Jahre {Anm. 15), S. 69.
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