Full text: Forschungsaufgabe Industriekultur

besondere der Kokskohlenforderung an der Ruhr erhielt der Ruhrbergbau 
nochmals kurzfristig größere Zwangsarbeiterkontingente durch Verlegungen aus 
anderen Steinkohlenrevieren, und so erreichte die Ausländerbeschäftigung hier 
im September 1944 nochmals einen quantitativen Höhepunkt. Der Saarbergbau 
gehörte dagegen zu den an die Ruhr abgebenden Revieren. Insgesamt 12.500 
sowjetische Zwangsarbeiter aus dem westmärkischen Kohlenbergbau, die meis¬ 
ten allerdings aus lothringischen Betrieben, wurden noch im September 1944 an 
die Ruhr verlegt.30 
Die unterschiedlichen Gesamtdimensionen des "Ausländereinsatzes" an Ruhr 
und Saar stellen sich in etwa wie folgt dar: Im Ruhrbergbau waren während des 
Krieges relativ verlässlich geschätzt insgesamt ca. 350.000 ausländische Arbeits¬ 
kräfte beschäftigt,31 33 im Saarbergbau dagegen grob geschätzt deutlich weniger als 
ein Zehntel dessen. 
Ausländerbeschäftigung, Zwangsarbeit und Leistungssteigerung 
Die Kohlenknappheit der Rüstungswirtschaft hatte bereits kurz vor Kriegs¬ 
beginn dazu geführt, dass Göring als Beauftragter für den Vierjahresplan mit 
dem ehemaligen DAF-Funktionär Paul Walter einen ihm unterstellten Leistungs¬ 
beauftragten für den Kohlenbergbau ernannte, der insbesondere auf den Ge¬ 
bieten der Arbeitskräftegestellung, der Sozialpolitik und der Mechanisierung des 
Kohlenabbaus Maßnahmen zur Steigerung der Kohlenförderung zentral vor¬ 
antreiben sollte.’3 Das von Anfang an äußerst spannungsvolle Verhältnis 
zwischen Walter, der im Frühjahr 1940 nach den Erfahrungen der Kohlenkrise 
des Winters auch noch zum Reichskohlenkommissar ernannt worden war, auf 
der einen und Ruhrbergbau sowie der beim Reichswirtschaftsministerium ange¬ 
siedelten staatlichen Bergbauaufsicht auf der anderen Seite entlud sich im Früh¬ 
jahr 1941, als Walter versuchte, sich die Kohlensyndikate direkt zu unterstellen, 
ln Folge dieses Konfliktes berief Göring Walter ab,'3 und die Aufgaben der 
Leistungssteigerung gingen auf die unter dem Vorsitz des Vorstandsvorsitzen¬ 
den der Reichswerke Hermann Göring, Paul Pleiger,34 neu gegründete Reichs¬ 
vereinigung Kohle (RVK) über, die lediglich formal dem Reichswirtschaftsminis¬ 
terium unterstand. 
30 Vgl, Die bergbauliche Entwicklung an der Saar von Anfang September 1944 bis Anfang 
Januar 1945 (BBA 33/1041). 
31 Dazu Seidel (Anm. 10). 
32 Vgl. Neuer Beauftragter für den Kohlenbergbau, in: Ruhr- und Rhein-Wirtschaftszeitung 
20(1939), S. 719f. 
33 Vgl. dazu das Protokoll einer Besprechung über die Gestaltung der Kohlenwirtschaft bei 
Reichsmarschall Göring am 27.2.1941 (BAB R7/632, p 57-67). 
34 Vgl. Matthias Riedel, Eisen und Kohle für das Dritte Reich. Paul Pleigers Stellung in der 
NS-Wirtschaft. Göttingen 1973. 
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