worden waren.26 Die nächst größere Gruppe bis zum November 1943 bildeten
Arbeitskräfte aus dem besetzten Polen von polnischer und ukrainischer Na¬
tionalität, die zum größeren Teil ebenfalls aus der Landwirtschaft in den Bergbau
verlegt und zum kleineren Teil im Frühjahr 1943 aus der Gegend um Lemberg
rekrutiert worden waren.2 Außerdem kamen in geringem Umfang im Ruhr- und
Saarbergbau weiterhin französische und belgische Kriegsgefangene zum Einsatz.
Zuletzt mussten seit dem Oktober 1943 an Ruhr und Saar einige tausend italie¬
nische Militär internierte Zwangsarbeit leisten.28
Der - im Vergleich zur Ruhr - verspätete Einstieg des Saarbergbaus in die Aus¬
länderbeschäftigung schuf im Übrigen zwei gänzlich unterschiedliche Vorausset¬
zungen, die hier wenigstens kurz erwähnt werden sollen. Erstens: Im rheinisch¬
westfälischen Industrierevier vollzog sich der Einstieg in die Ausländerbeschäfti¬
gung im Frühjahr und Sommer 1940 in einem heftigen grundsätzlichen Konflikt
zwischen DAF-Bergbaufachwaltung, Gauleitung und Ruhrbergbau auf der einen
und Görings Leistungsbeauftragten für den Bergbau und Reichskohlenkommis¬
sar, Paul Walter, auf der anderen Seite. Walters Bemühungen, den "Ausländer¬
einsatz" an der Ruhr zur forcieren, trafen zunächst auf erhebliche Bedenken eher
ideologisch-volkstumspolitischer Art bei der DAF und der Gauleitung sowie
eher pragmatischer Art beim Ruhrbergbau. Gewissermaßen als Kompromiss sollte
der "Ausländereinsatz" eine zeitlich und quantitativ möglichst eng begrenzte
Notmaßnahme bleiben.2" Solche prinzipiellen Konflikte über Sinn, Umfang und
Dauer begleiteten den eigentlichen Beginn des "Ausländereinsatzes" an der Saar
Anfang 1942 angesichts der seitdem stattgefundenen kriegswirtschaftlichen und
militärischen Entwicklungen nicht mehr. Zweitens: Während sich im Ruhr¬
bergbau die Ausländerbeschäftigung eher schrittweise von traditionellen Formen
der Wanderarbeit zur Zwangsarbeit radikaiisierte, fehlte eine solche Anlaufphase
im Saarbergbau fast völlig. Hier geriet der Einstieg in die Ausländerbeschäfti¬
gung mit dem so genannten "Russeneinsatz" viel direkter in das Fahrwasser
scharfer Formen von Zwangsarbeit.
In einer dritten Phase seit dem August 1944, die sich wegen der nun spärlicher
werdenden Daten nicht mehr genau quantifizieren lässt, entwickelte sich die
Ausländerbeschäftigung an Ruhr und Saar nach der Angleichung in der zweiten
Phase wieder stärker auseinander. Infolge einer versuchten Konzentration ins¬
26 Vgl. dazu den Verteilungseinsatzplan der Umsetzungsaktion vom Dezember 1942
(BAB R 10 VIII/52, p 101 v).
2 Vgl. Einsatz polnischer Arbeitskräfte im Kohlenbergbau, in: Sozialpolitische Informati¬
onen der RVK 5/6 (1943) (BBA 13/1791).
28 Vgl. Gerhard Schreiber, Die italienischen Militärinternierten im deutschen Machtbereich
1943 bis 1945. Verraten - verachtet - vergessen. München 1999 (= Beiträge zur Militär¬
geschichte; 28); Gabriele Hammermann, Zwangsarbeit für dem "Verbündeten”. Die Arbeits¬
und Lebensbedingungen der italienischen Militärinternierten in Deutschland 1943-1945.
Tübingen 2002.
29 Vgl. dazu Seidel (Anm, 10).
220