Cie über sehr ansehnliche Rücklagen verfugten, üblich war. Die kaum verhohle¬
ne Absicht von Mayrisch bestand gerade darin, die produktionstechnische
Frage der Hochofengasnutzung mit der Investitionsfinanzierung zu verbinden:
Ein auf der Grundlage der vollständigen Nutzung der Gichtgase erfolgender
Ausbau der Schifflinger Hütte konnte nur mittels eines Rückgriffs auf Fremd¬
kapital, sprich über den Weg einer Obligationsanleihe finanziert werden. Da
Esch-Schifflingen kein selbständiges Unternehmen war und demzufolge auch
nicht selbst eine Obligationsanleihe aufnehmen konnte, bestand die Wahl
zwischen einer weiteren Untemehmensgründung und der Fusion der Trägerge¬
sellschaften der Hütte Esch-Schifflingen. Da die Aufsichtsräte schon frühzeitig
die Option einer Unternehmensgründung hinsichtlich von Esch-Schifflingen
fallen gelassen hatten, blieb nur noch die Möglichkeit der Konzernfusion, die
dann auch Ende Oktober 1911 durch den Zusammenschluss von Burbach-Eich-
Diidelingen durchgefuhrt wurde.
Fazit: Da wegen der Hütte Esch-Schifflingen Handlungsbedarf bestand, hatte
Mayrisch als Verfechter des Fusionsplanes auf geschickte Weise auf den Moder¬
nisierungsplan der Hütte zurückgegriffen, um mittels der Frage des Energie-
Kosten-Nutzungsverhältnisses den Ausbau der Hütte zu forcieren und so letzt¬
endlich das Fusionsprojekt voranzubringen. Einschränkend sei darauf hinge¬
wiesen, dass die Modernisierungsangelegenheit der Hütte Esch-Schifflingen
keineswegs das einzige Motiv darstellte, das für die Fusion von Burbach-Eich-
Düdelingen ausschlaggebend war. Insbesondere marktstrategische Erwägungen,
wie Kartellfragen und hier vor allem die Frage der Erneuerung des Stahlwerks¬
verbandes, sind als grundlegende Motive des Fusionsprojektes zu betrachten.
Die Hütte Schifflingen wurde unter der Leitung von Oberingenieur Hubert Hoff,
einem Fachmann auf dem Gebiet des Energie-Verbundsystems, nach Mayrischs
Plan in Rekordzeit umgebaut. Dass die vollständige und ausschließliche Nut¬
zung der Hochofengichtgase zum Zweck der Energieversorgung einer Hütte
auch am Vorabend des Ersten Weltkrieges noch keine Selbstverständlichkeit
war, belegt folgende Anekdote: Im März 1914 besichtigte eine Abordnung des
VDEh das völlig umgestaltete Werk, unter den Besuchern befand sich auch
Hüttenbesitzer Hermann Röchling aus Völklingen. In einem überlieferten Bericht
dieses Besuchs des VDEh’6 führt Direktor Hoff aus, dass Hermann Röchling es
nicht fassen mochte, dass die Schifflinger Hütte außer Koks keinerlei weitere
Brennstoffe benötigte. Er hatte eigens aus Völklingen zwei seiner Ingenieure
mitgebracht, die ihr Augenmerk darauf zu richten hatten, ob nicht irgendwo
geheime Kesselkohlenlager vorhanden waren!
36 Hubert Hoff, "Erinnerungen aus meinem Leben." Unveröffentliches Typoskript, o.J.,
S. 105 (AlLux SDTB).
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