Full text: Forschungsaufgabe Industriekultur

tätsengpass, der durch Ausfallbürgschaften von Bund und Land überwunden 
werden konnte. Nachdem die Stumm AG der EHW eine Option auf ihre 50%- 
Beteiligung am Neunkircher Eisenwerk eingeräumt hatte, setzten von Seiten der 
Otto-Wolff-Gruppe Bemühungen ein, die Stummanteile an einen Stahlkonzern 
zu verkaufen. Der Kauf von Anteilen durch saarländische, lothringische oder 
luxemburgische Stahlkocher hätte die oft angemahnte Kooperation der Saarhüt¬ 
ten beschleunigt. Doch wurde diese Chance nicht genutzt. Gekauft wurde das 
Stumm'sche Aktienpaket schließlich im Juli 1977 von der Mineralölfirma Maba- 
naft, damit trat ein branchenunkundiger Konzern in die Unternehmensleitung 
ein.181 
Unter dem Eindruck der Stahlkrise entschloss sich 1978 auch die Familie Röch¬ 
ling zum Rückzug. Als Käufer des Röchling'schen Anteils an dem wenige Jahre 
zuvor durch Fusion entstandenen Unternehmen Röchling-Burbach trat ARBED 
auf, die auch 98% des Neunkircher Eisenwerks erwarben. Der luxemburgische 
Großkonzern besaß nun mit drei von fünf Saarhütten eine Schlüsselstellung in 
der saarländischen Eisenindustrie. Ein Restrukturierungsprogramm wurde aufge¬ 
legt, von Bund und Land Investitionszuschüsse und Bürgschaften gegeben, 
1982 die volle Fusion der drei Hütten Burbach, Neunkirchen und Völklingen 
zu ARBED-Saarstahl GmbH vollzogen, unter den Auswirkungen der Stahlkrise 
das Restrukturierungsprogramm reduziert und trotz weiterer Hilfen von Bund 
und Land, trotz Rationalisierung und Einsparung von mehreren Tausend Ar¬ 
beitsplätzen der Konkurs doch nicht vermieden. 1986 zogen Bund und Land 
die ihnen von ARBED eingeräumte Option auf 76% der Gesellschafteranteile zu 
einem Symbol-Preis von 1,- DM. Die seitherige Entwicklung liegt außerhalb des 
zeitlichen Rahmens dieses Aufsatzes.18" 
Finanzlage und Finanzgebaren der Unternehmen werden in der Literatur kaum 
behandelt. Die Nennung der Kosten für die Errichtung einer neuen Anlage allein 
sagt wenig aus, wenn nicht Bilanzsummen über Gewinne und Verluste, Kapital¬ 
rückstellung und Dividenden, Kredite und Subventionen bekannt sind. Aus 
meiner Kenntnis der Quellenlage habe ich Zweifel, ob sich diese Wissenslücke 
in der Geschichte der saarländischen Eisenindustrie noch schließen lässt. 
Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs übernahm die französische Besat¬ 
zungsmacht die Lenkung der Saarwirtschaft. Sie bestimmte nach Gesichts¬ 
punkten der französischen Volkswirtschaft Zeitpunkt und Intensität des Wieder¬ 
aufbaus der saarländischen Hütten und bediente sich dabei des Instruments der 
Sequesterverwaltung. Im Sommer 1945 wurden die beiden Werke mit deutscher 
Kapitalmehrheit Neunkirchen18' und Völklingen184 unter Sequester gestellt. Das 
181 Frühauf (Anm. 5), S. 138. 
182 Ein Abriss bei Märzen (Anm. 2), S. 159-164. 
183 Heinen (Anm. 16), S. 494-497. 
184 Seibold (Anm. 7), S. 288-296. 
145
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.