Weise bekamen französische Aktionäre das Sagen in den Hütten Haiberg,169
Dillingen170 173 und Neunkirchen.1 1 Durch die Neuordnung der Eigentumsverhält¬
nisse ging der enge Unternehmenszusammenhang zwischen den drei Werken
Neunkirchen, Haiberg und Dillingen, der den hohen Rang des Stummkonzerns
in der Vorkriegszeit ausgemacht hatte, verloren. Ein Eindringen französischen
Kapitals in die Röchling'schen Eisen- und Stahlwerke in Völklingen konnten
die Eigentümer verhindern, wobei die aus der Vorkriegszeit datierenden guten
Beziehungen der Familien Röchling und Dreux, Teilhaber an den Werken in
Longwy, eine bis heute nicht recht transparent gewordene Rolle spielten.10 Die
französische Gruppe Marine-Homécourt unter der Leitung von Theodore
Laurent, einem der mächtigsten Hüttenbarone der zwanziger Jahre, erwarb außer
dem Einfluss in Dillingen auch Anteile an der Société des Aciéries et Usines à
Tubes de la Sarre (ehemaliges Mannesmann-Röhrenwerk in Bous) und das
Aktienpaket, das bisher die Stinnes-Gruppe an St. Ingbert hielt, und damit
Mitsprache in der luxemburgischen Société des Hauts Fourneaux et Aciéries de
Differdange, St. Ingbert, Rumelange (HAD1R).1 1 Die Burbacher Hütte blieb fester
Bestandteil der ARBED.
Es entsprach sowohl den Interessen des französischen Staates als auch der
Unternehmerfamilien Stumm und Röchling, die ihnen vom Deutschen Reich
gezahlten Entschädigungen für ihren enteigneten Besitz in Elsass-Lothringen
nicht in den ihnen verbliebenen Saarhütten anzulegen, sondern im Reich. Die
Stumms kauften sich in verschiedenen, weit auseinander liegenden Werken
ein,174 Röchling erwarb die Mehrheit (55%) an der Maxhütte bei Sulzbach-
Rosenberg {Oberpfalz). Die Investititon von 570 Millionen Mark dürfte er¬
möglicht haben, dass die dortige Eisenerzeugung 1924 ungefähr die der Völk-
linger Hütte erreichte.175 Während die Maxhütte-Beteiligung nur bis 1929
169 Hauts Fourneaux et Fonderies de Pont-à-Mousson.
170 Neu gegründete Société des Mines et Usines de Rédange-Dilling mit Beteiligung von
Hts. Fourneaux de Pont-à-Mousson, Forges et Aciéries de la Marine et d'Homécourt, Aciéries
de Micheville, Aciéries de France et des Mines und der Fonderies et Forges d'Alais.
171 60% des Aktienkapitals übernahm die Société des Forges et Aciéries de Nord et Lorraine
(SFANL). Ungeachtet der neuen Unternehmensform der Neunkircher Hütte blieb die alte
Firma Gebr. Stumm GmbH als Holding bestehen.
172 Vgl. Launay (Anm. 166), S. 70-92. Der aus Sicht der Familie Röchling schreibende
Seibold (Anm. 7), S. I73f, 182 stellt bei der Erwähnung der Beziehungen die Bemühungen
um die Freilassung des von einem französischen Gericht verurteilten Robert Röchling in den
Vordergrund.
173 Zu Marine-Homécourt vgl. Launy (Anm. 168), S. 92-122.
174 Stettiner Eisenwerk Kraft, Niederrheinische Hütte in Duisburg-Hochfeld, Norddeutsche
Hütte AG in Oslebshausen bei Bremen, Westfälische Eisen- und Drahtwerke AG in Werne,
Gelsenkirchener Gussstahl- und Eisenwerke AG mit Werken in Gelsenkirchen, Hagen und
Düsseldorf, Eisenindustrie zu Menden und Schwerte AG, Gussstahlwerk Witten AG. Einen
großen Teil dieser Beteiligungen musste die Stummgruppe 1926 unter dem Druck der
Großbanken abstoßen. Frühauf (Anm. 5), S. 98f.
175 Zum Unternehmensverband Maxhütte gehörten das Hüttenwerk Unterwellenborn in
Thüringen, ein Stahlwerk in Zwickau, die Siegburger Walzwerk AG und eigene Kohle- und
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