technischen Stand der Zeit.61 1981 wurde in Dillingen die ältere Sinteranlage
ersetzt, im folgenden Jahr ein neues Feinerzlager eingerichtet.62
Die als vorsichtig zu bewertende Investitionspolitik in der Roheisenherstellung
ist zu sehen vor dem Hintergrund der seit den ausgehenden 1960er Jahre immer
dringlicher empfohlenen Kooperation der Saarhütten, ln dem Maße, wie das
schließlich erstellte Restrukturierungsprogramm umgesetzt werden konnte,
wurden nach und nach außer am Standort Dillingen alle Hochöfen stillgelegt: in
Burbach 1977, in Neunkirchen 1982, in Völklingen 1985. In der Haiberger
Hütte, die nicht in den ROGESA-Verbund (Roheisengesellschaft Saar mbH)
einbezogen ist, wurden die beiden letzten Hochöfen erst 1995 ausgeblasen.63
Stahlerzeugung
Zur Stahlherstellung benötigt man neben den Einsatzstoffen Roheisen und
Schrott eine Reihe anderer Stoffe, die sich in drei Gruppen - Zuschlagstoffe,64
Legierungsmittel,65 und Hilfsstoffe66 - unterteilen lassen. Im Roheisen, wie es aus
dem Hochofen abgestochen wird, sind nicht gewünschte Begleitstoffe enthalten,
vornehmlich Silizium, Phosphor und Schwefel, durch weitere Bearbeitung nach
verschiedenen Verfahren werden sie extrahiert oder mindestens reduziert. Da¬
durch entsteht aus dem Roheisen ein schmiede- und walzbarer, zugfester Stahl,
der durch weitere Behandlung und Zugabe von Legierungsmitteln auf die den
breit gefächerten Konsumentenwünschen entsprechende spezielle Qualität
gebracht werden kann. Im Folgenden werden zunächst die von den Saarhütten
angewendeten Verfahren vorgestellt, dann einige weitere Innovationen, wie
Strangguss und Vakuum-Schmelze, die für mehrere Verfahren anwendbar waren.
Thomasverfahren
Das große Problem der Herstellung eines guten Stahls aus der phosphorhaltigen
Minette w'ar mit der Einführung des Thomasverfahrens zunächst einmal gelöst.
Die englischen Hüttentechniker Sidney H. Thomas und Percy C. Gilchrist hatten
ein Verfahren - basisches Bessemerverfahren - entwickelt, das sich von dem
61 Armin Andrä, Die Völklinger Hüttenkokerei im Umfeld der Kokereitechnik. Völklingen
[1995] (= Aus Saarländischer Industriegeschichte; 3), S. 119f.
62 300 Jahre Aktiengesellschaft (Anm. 4), S. 81 f.
63 In den späten 1960er Jahren waren nur noch zwei Öfen in Betrieb, ein dritter wurde in
Reserve gehalten. Seit der Stilllegung der Hochöfen erfolgt die Roheisenversorgung über das
Werk Pont-ä-Mousson und auf dem freien Markt. Frdl. Mitteilung von Herrn Götte, Halber-
ger Hütte am 16.9.02.
64 Das sind Kalkstein, Kalk, Erz und Flussmittel, die als Schlackenbildner und Kühlmittel
eingesetzt werden.
65 Die zuzufügenden Legierungsmittel werden je nach der gewünschten Stahlqualität
gewählt, verwendet werden vorwiegend Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Kupfer, Chrom,
Nickel, Vanadium, Niob, Molybdän, Aluminium.
66 Das sind Entschwefelungsmittel, Gießhilfsmittel und die Feuerfeststoffe in allen Ag¬
gregaten der Flüssigkeitsphase.
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