Brikettierungsanlage zu handlichen porösen Stücken gepresst worden. Da diese
Technik sich wegen der geringen Festigkeit der Briketts zur Weiterentwicklung
nicht eignete, wurde 1927 in Völklingen ausgehend von dem Dwight-Lloyd-
Verfahren in Zusammenarbeit mit der Lurgi-Chemie AG, Frankfurt, eine kleine
Sinteranlage mit dreh- und kippbaren Sinterpfannen gebaut. Die Erfahrungen
ermutigten zum Bau einer Großanlage,’1 die in den 1930er Jahren mit einer
Monatsleistung von 55.000t als eine der größten der Welt galt. Die anderen
Saarhütten folgten dem Völklinger Vorbild.33 34
Die technischen Verbesserungen und ein rationeller Rohstoffeinsatz zahlten sich
aus. So sank in Neunkirchen der Koksverbrauch je Tonne Roheisen von
1300kg im Jahr 1895 auf unter 900kg im Jahr 1934.’:' In Völklingen wurde
1930 für eine gegenüber 1913 um 44% gestiegene Roheisenproduktion nur
14% mehr Koks benötigt. Die Effizienz moderner Erzbrech-, Sieb- und Sinter¬
anlagen spiegelt sich auch in der relativ hohen Zahl solcher Vorrichtungen, die
Hermann Röchling während des Zweiten Weltkriegs in seinem Investitions¬
programm für die lothringischen Hütten vorsah.36 37 Für den Hochofen 111 der
Völklinger Hütte wurde im Spätjahr 1935 eine amerikanische Elektrostichloch-
stopfmaschine angeschafft. Sie ermöglichte, das Stichloch bei hohem Wind¬
druck zu verschließen, und beseitigte somit "den schweren Gang" der Hochöfen
nach dem Abstich. Sie war die erste in Europa, die zweite auf der ganzen Welt,
wie stolz die Werkszeitung berichtete.3
In dem ausführlichen Gutachten des Reichskuratoriums für Wirtschaftlichkeit
aus dem Jahr 1937 heißt es: "Die technische Ausrüstung der einzelnen Betriebe
ist, was Leistungsfähigkeit und Neuzeitlichkeit betrifft, vollkommen verschie¬
den. Es gibt im Saarland Eisen schaffende Betriebe mit vollkommen moderner
Ausrüstung und solche mit ganz oder teilweise veraltetem Produktionsapparat."
Im Vergleich mit den rheinisch-westfälischen Hochofenwerken wird der Rück¬
stand bzw. Modernisierungsstau der Saarhütten sehr deutlich: "Die mittlere
Hochofenleistung betrug im Jahr 1936 an der Saar 290t [pro Tag], an der Ruhr
520t. Für eine Tonne Roheisen sind an der Saar 3-3,5t Minette und 950-
1150kg Koks, an der Ruhr 2t Schwedenerz und 750kg Koks erforderlich.
33 Vgl. dazu Alfons Wagner, Die Rationalisierungsmöglichkeiten der Saar-Eisenindustrie,
in: Lebensfragen der Saarwirtschaft, hrsg. von der Handelskammer zu Saarbrücken. Saar¬
brücken 1929 (= Saar-Wirtschaftsfragen; 3), S. 61-69, hier S. 65 und Johannsen (Anm. 26),
S. 184f. Allgemein zum Sintern: Fritz Hartmann, Physikalische und chemische Vorgänge
beim Sintern von Eisenerz, in: Stahl und Eisen 63 (1943), S. 398.
34 Für Neunkirchen vgl. Anm 3 1. ln den luxemburgischen ARBED-Hütten wurde der Verwen¬
dung von Gichtstaub erst um 1930 größere Aufmerksamkeit zugewendet. ARBED (Anm. 3),
S.lOlf.
35 Frühauf(Anm. 5), S. 111.
36 Herrmann, Röchling in der Kriegswirtschaft (Anm, 15), S. 427.
37 Hermann Röchling, Die Kohlen- und Eisenindustrie im Saarland, in: Der Völklinger
Hüttenmann 2 (1936) 3, S. 2.
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