Bilingual und der deutschen Sprache mächtig - in welchem Grade auch immer
- war diese Schicht zum größeren Teile wohl allemal. Dafür stehen nicht nur
Gestalten wie der Metzer Patrizier und Stadtpolitiker André Voey de Ryneck
(1444-1525/29), der eine »Chronique de Saint Amoul de Metz1, eine Chronik
von St. Arnulf also, bis 1501 in ostfranzösischer Sprache schrieb,46 sich 1473,
beim Besuch Kaiser Friedrichs III. in Metz, ein dreizehnhundert Wappen aus
ganz Europa, Deutschland eingeschlossen, umfassendes ,Armoriale4 anfertigen
ließ* 47 und sich für den Verbleib seiner civitas beim Imperium engagierte: er
war Sohn eines Adligen aus dem Würzburger Raum, eines Gotz Vogt von
Ryneck „natif du pays de Francqueland“, und der dame Mahault de
Waldrewange (also einer Mechthild von Wallerfangen).48 Die Mehrsprachigkeit
des Metzer Patriziats wird auch - wie Dieter Heckmann bereits ausführte -
recht eindrucksvoll belegt, als am 26. November 1433 eine Metzer Gesandt¬
schaft zu Basel von Kaiser Sigismund empfangen wurde. „Sigesmund ließ
damals über den Metzer Familiarius und nachmaligen Trierer Erzbischof Jakob
von Sierck die vor ihm erschienenen Gesandten fragen, ob er sie en tiesse („auf
Deutsch“) oder auf Latein anreden solle.“49 Er bekam die recht selbstbewußte
Antwort, daß es der Kaiser hier mit Leuten zu tun habe, die mehrere Sprachen
verstünden; dies sei nämlich wegen Verhandlungen und Kriegen, die sie häufig
führen müßten, unumgänglich. Daraufhin redete Sigismund die Metzer teils auf
Deutsch, teils in lateinischer Sprache an.
Man muß aber auch an die Geistlichkeit denken: So kam Hennequin Amulfi,
Domkanoniker in Metz, Stifter von Glasfenstern in der Kathedrale, Auftrag¬
geber eines illustrierten Missale in einer Metzer Werkstatt, aus dem germano-
phonen Hettange/Hettingen bei Thionville/Diedenhofen, war also wohl zwei¬
sprachig; Handschriften besaßen auch der aus dem deutschsprachigen Raum
stammende in Metz residierende Kleriker Hermannus de Bure (Beuren, Kreis
Trier oder Beyren, Dép. Moselle, Ct. Cattenom oder Bure, Dép. Moselle, Ct.
Fontoy, Gde. Tressange), Baccalaureus der Theologie, Lizentiat beider Rechte
und Advokat am kaiserlichen Hofe (t 1429) und der Domkanoniker Jean
Nicolas aus Hombourg-Haut/Oberhomburg (Dép. Moselle, Ct. St. Avold),
Baccalaureus des Rechts, Dekan (1427) und Generalvikar (f 1461), der auch
4^ Vgl. zu diesem Patrizier, der seine Chronik von St. Arnulf 1501 dem Metzer Stadtrat
widmete, die beiden Studien von Dieter Heckmann (wie Anm. 12).
47 Vgl. Adam, P.: „Notes sur quelques manuscrits héraldiques conservés à Vienne“, in:
Revue Française d’Héraldique et de Sigillographie 23 (1956), S. 4-7, hier S. 5f.;
Heckmann 1989 (wie Anm. 12), S. 53. Ryneck hatte sich bei einer Jerusalemfahrt den
Ritterschlag geholt (vgl. o. Anm. 10).
48 Mechthild war Tochter des Patriziers Jehan de Waudrevange, also eines Geschlechts, das
wie die d’Esch aus dem germanophonen Umkreis der Reichsstadt nach Metz gekommen
war. Vgl. Heckmann 1989 (wie Anm. 12), S. 55.
49 Miller, Ignaz: Jakob von Sierck 1398/99-1456, Mainz 1983 (= Quellen und Abhand¬
lungen zur mittelrhein. Kirchengesch. 45), S. 35; Heckmann 1989 (wie Anm. 12), S. 57.
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